Französischer Präsident Hollande in Algerien

Schatten der blutigen französischen Kolonialgeschichte

- von Presseticker  -

P räsidentenbesuch aus Paris in Algier. Nachdem im April 1975 Valery Giscard D’Estaing als erstes Staatsoberhaupt des ehemaligen Kolonialherren Algier besuchte, folgten alle Präsidenten diesem Beispiel, François Mitterrand im November 1981, auch Jacques Chirac kam 2003 im ersten Amtsjahr, genauso Nicolas Sarkozy.

Entschuldigen für die Kolonialherrschaft wollte sich aber kein französischer Präsident. Auch François Hollande nicht, der immerhin betonte, er wolle keine alten Wunden aufreissen. Er sei vielmehr gekommen, damit man gemeinsam ein neues Haus errichte. Das Wichtigste für ihn sei die Zukunft und darum sei sein Besuch der Zukunft gewidmet.

Die Botschaft ist klar, für die das politische Paris Jahrzehnte gebraucht hat. Bis in die 1990er Jahre durfte der Unabhängigkeitskrieg in Algerien in Frankreich nicht einmal “Krieg” genannt werden. Die Sprachregelung für solche Aktionen der französischen Armee, die unter der Zivilbevölkerung “Terroristen” aufspüren wollte, für Sprengstoffanschläge der Unabhängigkeitskämpfer wie für die Folter, die ihnen dafür drohte, lautete “evenement” – die Ereignisse von Algerien.

Und auch diese Gedenktafel an der Seine in Paris ist ganz neu. Am 17. Oktober 1961 wurden nach einer Polizeiaktion gegen demonstrierende Algerier in Paris hunderte Leichen aus dem Fluss gefischt.

Französischer Präsident Hollande in Algerien

Jahrzehntelang war das Thema tabu. Die meisten Photos sind aus den offiziellen französischen Archiven “verschwunden”. Es gibt nur ein halblegal produziertes Buch mit dem Titel Le silence du fleuve.
Befohlen hatte die Aktion der 1998 wegen aktiver Beihilfe zur Deportation von Juden in Bordaux unter der NAZI-Herrschaft zu 10 Jahren Haft verurteilte Maurice Papon. Er war 1961 Polizeichef von Paris. Für den Tod der Algerier ist er nie zur Verantwortung gezogen worden.

„Es ist ein Anfang, jetzt warten wir darauf, dass die Archive geöffnet werden“, sagt ein Teilnehmer an der Gedenkaktion für die toten Algerier.
Es geht um eine neue Art von Beziehungen, denn Frankreich braucht die reichen Öl- und Gasvorkommen seiner Ex-Kolonie ebenso wie jeden nur denkbaren Absatzmarkt zum Beispiel für seine kränkelnde Automobilindustrie.

In Algerien, wo 75 Prozent der Bevölkerung noch nicht das 40. Lebensjahr erreicht hat, wächst ein neue Generation heran. Eine Generation, die Kolonialzeit, Heldentum der noch heute regierenden Unabhängigkeitskämpfer und selbst die Zeit des blutigen Bürgerkrieges zwischen Armee und Islamisten zu Beginn der 90er Jahre nur als längst vergangene Geschichte erfährt.

RF/euronews

Schlagwörter # , , ,

Rote Fahne bezahlen