D er Direktor der chinesischen Zentralbank, Zhou Xiaochuan, hat am Montag den Hoffnungen auf eine schnelle, freie Konvertibilität der chinesischen Währung Yuan eine Absage erteilt. Eine hundertprozentige Tauschbarkeit oder Freigabe ohne Kontrolle sei nicht unbedingt in Chinas Interesse.
Nicht einmal Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) hätten in ihren Statuten eindeutig festgelegt, wie die Offenheit eines bestimmten Kapitalmarkts zu messen sei und eine hundertprozentige Konvertibilität gebe es sowieso so gut wie gar nicht, erklärte Zhou auf einem Forum in Sanya auf der südchinesischen Insel Hainan.
Zhou sagte weiter, dass Chinas Ziel, den Yuan weiter zu liberalisieren, nicht notwendigerweise dazu führen müsse, dass die transnationalen Kapitaltransaktionen nationaler wie auch internationaler Entitäten nicht mehr registriert, beaufsichtigt oder in irgendeiner anderen Art und Weise kontrolliert werden müssten – sei es nur, um Geldwäsche und Steuerhinterziehungen zu vermeiden.
Zhous Kommentare folgten der zweitägigen Central Economic Work Conference, die am Sonntag in Beijing zu Ende ging. Auf der Konferenz gab die chinesische Führung bekannt, Ziele zur Umgestaltung der chinesischen Wirtschaft formulieren und einen Zeitplan zur Umsetzung derselben vorlegen zu wollen. Genauere Angaben über die Ziele und Aufgaben für 2013 wurden allerdings nicht gemacht.
Wahrscheinlich ist, dass der genaue Plan der neuen chinesischen Regierung erst auf der dritten Plenartagung im Herbst 2013 bekannt gegeben wird.
Noch vor wenigen Monaten hatte Guo Shuqing, einer von Chinas wichtigsten Zentralbankern und Kandidat für den Chefposten der People’s Bank of China, gesagt, dass die volle Konvertibilität des Yuan in greifbarer Nähe sei.
Nach Zhou Xiaochans Kommentaren vom Wochenende sieht es derzeit aber eher danach aus, als ob man in China – vor dem Hintergrund der globalen Währungs- und Schuldenkrisen – doch etwas vorsichtiger geworden sei, was die Internationalisierung des Yuan angeht.
Doch Zhous Aussage, dass die im Falle einer völligen Liberalisierung schnell nach China hineinfliessenden Gelder ein grösseres Problem für das Land wären, als die abfliessenden Gelder, kann man vielleicht nicht ganz folgen – vor allem, wenn man bedenkt, dass das Niveau ausländischer Direktinvestitionen in den letzten Monaten weitestgehend gleich geblieben ist, während der Wunsch vieler reicher Chinesen, ihr Geld ins Ausland zu bringen, nachweislich deutlich zugenommen hat.
Die Zahl auswandernder reicher Chinesen war jedenfalls gemäß dem chinesischen Hunrun-Report, der die Situation, Investitions- und Konsumtrends von Chinas Reichen und Superreichen untersucht, noch nie so hoch wie heute.
Dass die Liberalisierung des Yuan weitergehen wird, kann jedoch kaum bezeifelt werden.
„China hat glücklicherweise einen grossen Berg an Devisenreserven angesammelt, der es ihm erlaubt, diese Zeit des globalen Sturms der Kapitalströme, in der wir uns derzeit befinden, etwas besser und ruhiger angehen zu können als andere Länder, die weitaus stärker unter Druck stehen“, sagte Austan Goolsbee, Wirtschaftsprofessor an der Universität von Chicago und früherer Berater von US-Präsident Barack Obama.
China hatte in den vergangen Monaten eine ganze Reihe von Maßnahmen zur Liberalisierung des chinesischen Kapitalmarkts angekündigt. Man hatte den Eindruck, dass China auch bei der Internationalisierung des Yuan mit grossen Schritten vorangehen wird.
Nach den Aussagen des chinesischen Zentralbankchefs vom Wochenende ist bei diesem Thema in Zukunft aber vielleicht doch eher mit kleinen, vorsichtig tastenden “Schrittchen” Chinas zu rechnen.
Louis Kuijs, China-Chefökonom der Royal Bank of Scotland und früherer Ökonom der Weltbank, drückte es so aus: „Die Lektionen, welche die aufstrebenden Länder aus den verschiedenen Finanzmarktkrisen der letzten 20 Jahre gelernt haben, deuten alle darauf hin, dass die richtige Reihenfolge der Reformen von substanzieller Bedeutung ist.
Und die korrekte Reihenfolge lautet: erst die Flexibilität der Wechselkurse sicherstellen, dann den nationalen Kapitalmarkt für ausländische Kapitalströme öffnen.“