D ie Europäische Union (EU) importiert 15-mal mehr Produkte aus Israels illegalen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten als aus Palästina selbst, wie ein neuer Bericht einer Koalition aus 22 NGOs vom Montag zeigt.
Der Bericht „Trading Away Peace: How Europe helps to sustain illegal Israeli settlements“ ist der erste, der Exportdaten aus israelischen Siedlungen und aus Palästina vergleicht und die Inkonsistenz im Herzen der EU-Politik hervorhebt.
Die EU gibt an: „Siedlungen sind illegal nach internationalem Recht, bilden ein Hindernis für den Frieden und drohen, eine Zwei-Staaten-Lösung unmöglich zu machen.“
Gleichzeitig bildet die EU einen Hauptabsatzmarkt für Siedlungsprodukte. Die meisten EU-Mitgliedsstaaten haben es nicht geschafft, die korrekte Kennzeichnung von Produkten in Läden sicherzustellen, wodurch die Konsumenten über die wahre Herkunft der Produkte in Unkenntnis bleiben, im Widerspruch zu den EU-eigenen Richtlinien.
„Europa sagt, Siedlungen seien illegal nach internationalem Recht, und trotzdem handeln sie mit ihnen. Konsumenten tragen unwissend zur Ungerechtigkeit bei, indem sie Produkte kaufen, die ungenau als aus Israel stammend gekennzeichnet sind, während sie in Wirklichkeit aus den Siedlungen im Westjordanland kommen“, erklärte William Bell, Mitarbeiter von Christian Aid UK and Ireland.
Der Bericht mit einem Vorwort des früheren EU-Kommissars für Aussenbeziehungen, Hans van den Broek, ruft europäische Regierungen auf, eine Reihe konkreter Maßnahmen zu ergreifen, um die Expansion der Siedlungen zu stoppen und die Kluft zwischen Worten und Taten zu verkleinern.
Als Minimum fordert die Koalition klare Kennzeichnungsrichtlinien, damit Konsumenten nicht unwissend Siedlungsprodukte kaufen. Solche Richtlinien existieren bereits in Grossbritannien und Dänemark und werden in einigen anderen Mitgliedsstaaten wie Schweden oder Finnland in Betracht gezogen.
Handel mit den illegalen zionistischen Siedlungen steht seit Mai auf der EU-Agenda, als EU-Aussenminister „die deutliche Beschleunigung des Siedlungsbaus“ scharf kritisierten und zum ersten Mal eine volle Anwendung des existierenden EU-Rechts bezüglich Siedlungsprodukten forderten.
Die israelische Regierung schätzt den Wert der EU-Importe aus Siedlungen auf rund 230 Millionen Euro pro Jahr, verglichen mit 15 Millionen aus Palästina.
Dieser Gegensatz wird teilweise dadurch hervorgerufen, dass Israel den Siedlern finanzielle Unterstützung zukommen lässt einschliesslich Infrastruktur, Wirtschaftsförderung und Landwirtschaft, während die Palästinenser unter strikten Restriktionen in Bezug auf Ressourcen und Marktzugang leiden.
Siedler geniessen einfachen Zugang zu internationalen Märkten und haben moderne Agrarindustrien und Industriegebiete aufgebaut. Im Gegensatz dazu ist die palästinensische Wirtschaft „ernsthaft eingeschränkt von einem mehrschichtigen System von Restriktionen“, die von Israel auferlegt wurden, wie zum Beispiel Strassensperren, Checkpoints und begrenzter Zugang zu Wasser, Land und Düngemitteln.
In der Konsequenz sind palästinensische Exporte von über der Hälfte des BIP von 1980 auf weniger als 15% des BIP in den letzten Jahren gefallen, wodurch der Vertrag der EU mit den Palästinensern auf bevorzugten Handel entwertet wird.
„Die EU gibt hunderte Millionen Euro im Jahr aus, um den palästinensischen Staat aufzubauen und untergräbt dieses Engagement dann durch den Handel mit illegalen Siedlungen und trägt damit zu deren Wirtschaftlichkeit und Ausdehnung bei“, sagte Dr. Phyllis Starkey, früherer britischer Parlamentsabgeordneter und Treuhänder von Medical Aid for Palestinians.
Unter den Siedlungsprodukten, die in Europa verkauft werden, sind Datteln, Weintrauben, Zitrusfrüchte, Kräuter, Wein, Kosmetika von Ahava, einige Trinkwassersprudler von SodaStream und einige der Gartenmöbel von Keter.
„Produkte aus Siedlungen im Westjordanland werden unter Inkaufnahme von Hauszerstörungen, Landkonfiszierungen und Militärbesatzung produziert.
Regierungen müssen endlich über rhetorische Verurteilungen der Siedlungen hinausgehen und zumindest sicherstellen, dass Konsumenten bewusste Entscheidungen beim Kauf dieser Produkte in den Läden treffen können.
Dies wäre nur die Einhaltung internationalen Rechts“, sagte Souhayr Belhassen, Präsident der International Federation for Human Rights.
Unterzeichnerorganisationen: APRODEV, Broederlijk Delen (Belgium), Caabu (UK), CCFD – Terre Solidaire (France), Christian Aid (UK and Ireland), Church of Sweden, Cordaid (Netherlands), DanChurchAid (Denmark), Diakonia (Sweden), International Federation for Human Rights (FIDH), FinnChurchAid (Finland), ICCO (Netherlands), IKV Pax Christi (Netherlands), Medical Aid for Palestinians (UK), medico international (Germany), medico international switzerland, The Methodist Church in Britain, Norwegian People’s Aid, Norweigan Church Aid, Quaker Council for European Affairs, Quaker Peace and Social Witness (UK), Trocaire (Ireland)