M aher Abu Rmeileh ist der erste palästinensische Sportler, der sich offiziell für die Olympischen Spiele qualifiziert hat. Auch wenn ein palästinensischer Staat noch nicht in die UN aufgenommen wurde und er somit keiner der 193 „offiziellen Staaten der Welt” ist (obwohl die palästinensischen Autonomiegebiete von 130 Staaten als Staat anerkannt werden), wird Maher Abu Rmeileh bei der Eröffnungszeremonie der Olympiade am 27. Juli die palästinensische Flagge vorantragen.
Seit 1996 nehmen palästinensische Sportler an den Olympischen Spielen teil, da das Palästinensische Olympische Komitee seit 1995 vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannt wird.
Allerdings basierte die Teilnahme von Sportlerinnen und Sportlern bisher auf Einladungen des IOC. Auch in diesem Jahr wurden fünf palästinensische Sportlerinnen und Sportler eingeladen.
Abu Rmeileh ist der Erste, der sich allein durch sein Können qualifizieren konnte. Erkämpft hat sich Abu Rmeileh sein Ticket bei einem Wettkampf in Tokyo, bei dem er u.a. gegen den besten Judoka Hong Kongs gewann.
Erst Anfang Mai erreichte ihn die Nachricht, dass er an den Sommerspielen teilnehmen wird. Das bekannte US-Magazin Sports Illustrated berichtet, dass Abu Rmeileh im Familiengeschäft in der Jerusalemer Altstadt arbeitete, als ihn sein Trainer Iyad Al-Halabi anrief und sagte: „Komm schnell vorbei“.
Auf die Frage nach dem Warum antwortete Al-Halabi nur: „Komm einfach. Und bring was Süsses mit.“
Abu Rmeileh tat, wie ihm befohlen wurde. Auf dem Weg zu seinem Trainer kaufte er schnell Knafeh, eine lokale Süssigkeitenspezialität, ein. Als er ankam, verkündete sein Trainer seine Tränen zurückhaltend: „Du gehst nach London.“
Abu Rmeileh hat gelernt, dass nichts unmöglich oder unerreichbar ist. Er hat die Möglichkeit in London zu gewinnen. Die Unterstützung Vieler – wenn nicht sogar Aller – aus seiner Heimat, hat er.
Nahe dem Damaskus Tor im muslimischen Teil der Altstadt kennt ihn fast Jeder. Abu Rmeilehs Familie besitzt einen Tuchladen in der Altstadt in dem auch Maher unzählige Stunden verbringt und probiert, Kopftücher an den Mann, meist jedoch an die Frau, zu bringen.
Als Ehemann und Vater von zwei Kindern kann es sich Abu Rmeileh nicht leisten, nicht zu arbeiten, um sich intensiv auf seinen Sport zu konzentrieren. Normalerweise findet er nur zwei bis drei Mal in der Woche Zeit zu trainieren.
Aber im Rahmen der Vorbereitungen für Olympia hat er sein Pensum erhöht und an meisten Tagen auch vor und nach der Arbeit trainiert.
Seine Trainingsbedingungen sind hart. Ein Raum, der nicht gut belüftet ist und in dem eigentlich Hochzeitsfeiern gehalten werden, dient als Dojo. Fürs Training werden die Matten jedes Mal wieder auf- und abgebaut. In der kleinen Halle ist es ausserdem sehr heiss.
Trotz dieser Umstände hat es Abu Rmeileh so weit geschafft.
„Ich möchte der ganzen Welt sagen, dass es Palästina gibt. Wir sind hier und wir können mit den besten Sportlerinnen und Sportlern konkurrieren.
Wir sind bereit für die Olympischen Spiele, die grössten Spiele der Welt“, erklärte er im Interview.
Trotzdem bleibt er bescheiden. „Die Olympischen Spiele sind ein Traum“, erklärte er, als er in Richtung seines Ladens gestikulierte und hinzufügte: „Aber das hier ist immer noch mein Leben.“