D ie USA wollen einen neuen Geheimdienst ins Leben rufen, schreibt die Zeitung Nesawissimaja Gaseta am Mittwoch. Nach dem Abzug der US-Truppen aus dem Irak und mit Blick auf das Ende des Afghanistan-Einsatzes strukturieren die USA ihr Spionagenetz um.
Die US-Geheimdienste wollen Afrika, wo die sog. “Al-Qaida” immer stärker wird, verstärkt ins Visier nehmen; hinzu kommen der Iran, Nordkorea und China.
Wie eine Quelle im US-Verteidigungsministerium verriet, wird die neue Struktur dem Pentagon angehören und enge Kontakte zur CIA unterhalten. Beim neuen militärischen Geheimdienst sollen mehrere Hundert Mitarbeiter von der Defense Intelligence Agency (DIA, Geheimdienst des US-Verteidigungsministeriums) eingestellt werden.
Dabei seien für ihn weder eine Sonderfinanzierung noch -vollmachten vorgesehen, hiess es.
Die Idee, eine neue Geheimdienststruktur einzurichten, entstand nach der Veröffentlichung eines geheimen Berichts des US-Geheimdienstdirektors, James R. Clapper, in dem er sich für neue Aufgaben der DIA nach der Beendigung der Einsätze im Irak und am Hindukusch geäussert hatte.
Ihm zufolge sollte der Geheimdienst des Verteidigungsministeriums nicht mehr die Truppen, sondern andere Strukturen ausserhalb der Konfliktgebiete mit Informationen versorgen. Dabei soll der neue Geheimdienst eng mit der CIA und dem Secret Service kooperieren.
Die Regionen, in denen die USA ihre Agentennetze neu organisieren wollen, wurden nicht genannt. Voraussichtlich werden die Aufklärer des Pentagons sich auf die strategisch wichtigsten Richtungen wie Terrorbekämpfung (vor allem in Afrika, wo die Al-Qaida aktiver wird) und Atomwaffen-Nichtweiterverbreitung (Iran, Nordkorea) konzentrieren.
Auch den Aufstieg einiger Schwellenländer (vor allem Chinas) würde Washington gerne verhindern.
Wie Wladimir Batjuk vom Zentrum für militärpolitische Forschungen am russischen Institut für USA und Kanada, sagte, kontrollieren die dem Pentagon unterstellten Nachrichtendienste im Grunde die Situation auf der ganzen Welt.
„Mit Russland haben sich die amerikanischen Nachrichtendienste schon immer befasst, und dass Russland zuletzt immer mehr Mittel für die Finanzierung seiner Luft- und Seestreitkräfte bereitstellt, blieb in den USA nicht unbeachtet“, betonte der Experte.
2005 sorgte ein in der Washington Post veröffentlichter Artikel über die Abteilung für strategische Unterstützung (Strategic Support Branch) des Pentagon-Nachrichtendienstes DIA für Wirbel, die auf Verfügung des damaligen Verteidigungsministers Donald Rumsfeld eingerichtet worden war, damit der Dienst nicht so stark von der CIA abhängig ist.
Dabei waren die Pentagon-Aufklärer nicht nur im Irak und in Afghanistan, sondern auch in Ländern tätig, mit denen keine Konflikte zu erwarten waren (damit befasst sich normalerweise die CIA). Damals wurde der Kongress nicht über diesen Vorgang informiert, was bei den Abgeordneten auf grossen Unmut gestoßen war.
Jetzt sieht der Kongress diese Situation eher gelassen. „Wenn es sich um eine Stärkung der Ressourcen eines Nachrichtendienstes gehandelt hätte, um dessen Abhängigkeit von der CIA zu verringern, wie das unter Rumsfeld passierte, dann wäre das beunruhigend“, sagte ein Kongressmitglied. „Ich denke aber nicht, dass dies der Fall ist.“
Experten zufolge hängt dies damit zusammen, dass die Grenzen zwischen der CIA und dem Pentagon bzw. dem militärischen Komplex allmählich verschwimmen, zumal Verteidigungsminister Leon Panetta früher die CIA leitete.
Der frühere Befehlshaber der US- bzw. NATO-Truppen im Irak und am Hindukusch, General David Petraeus, leitet derzeit die CIA.