Werter Leser,
kurz vorab: Es gibt in Deutschland gemäß Marken- und Urheberrecht und damit rechtskonform nur eine Die Rote Fahne, nämlich diese hier.
Die aufgeworfenen Fragen werden eigentlich bereits im Artikel beantwortet, zur Erläuterung und Ergänzung in aller Kürze das Folgende:
Im Jahr 2005 ging es in der Linken (mit dem Begriff bezeichne ich weiterhin die Linke in ihrer Gesamtheit) um ein breites, gesamtdeutsches Projekt, um eine neue sozialistische Partei, mit der Betonung auf neu, deren zentraler Bestandteil die PDS sein sollte.
Dies war das auch durch die PDS propagierte Ziel, unter dieser Prämisse war es der PDS gelungen, eine breite Linke zu mobilisieren und in Fraktionsstärke in den Bundestag einziehen zu können.
Erst im Januar 2006, also nach der Bundestagswahl vom September 2005, offenbarte der Parteivorstand der PDS dann, dass er lediglich noch ein Fusions-Projekt mit der WASG anstrebt (Hintergründe und Chronologie sind u.a. hier in der Roten Fahne nachzulesen).
Von einer “Implementierung” der Roten Fahne in die PDS war nie die Rede. Die Rote Fahne ist als exponierter Teil der Linken und als Urheberin des Diskurses um eine gesamtdeutsche sozialistische Partei seit Anfang der 90er Jahre Teil des historischen Prozesses.
In meinem Schreiben an den PDS-Parteivorstand vom 15. Juni 2005 heisst es u.a.:
„Als Herausgeber des Internet-NachrichtenMagazins Die-Rote-Fahne.de gehöre ich zu den parteilosen Linken, welche bereits seit 15 Jahren für ein Zusammengehen der Linken aus Ost und West eintreten und publizistisch wirken. … Unabhängig davon steht Die Rote Fahne für den weiteren Ausbau der Zusammenarbeit aller demokratischen Linken, für den Aufbau des neuen Projekts und den Wahlkampf uneingeschränkt zur Verfügung.
Ferner rege ich an, dass PDS, WASG und weitere Unterstützer aus dem Medien- und Kulturbereich eine gemeinsame MedienGruppe bilden, um die bevorstehende Medienarbeit im Wahlkampf zu einer neuen Qualität zu führen. M.E. gilt es jetzt die neue Qualität in der politischen Perspektive der Linken in ganz Deutschland und einen damit verbundenen möglichen Paradigmenwechsel in der politischen Realität des Landes entsprechend in der Öffentlichkeit, über die angestammte Mitglied- und Wählerschaft hinaus, zu kommunizieren.
Es sollte deutlich werden, dass das neue Bündnis mehr ist, als nur die Summe des Zusammenschlusses von PDS und WASG.Konkret sollte möglichst umgehend zu einem entsprechenden Arbeitstreffen eingeladen werden.“
Mit Schreiben an den PDS-Parteivorstand vom 28. Juli 2005 schliesslich bat ich:
„Sollte es Vorbehalte politischer Natur gegen Die Rote Fahne und/oder meine Person geben, so wäre es doch geboten darüber solidarisch und sachlich zu diskutieren oder fairerweise zumindest diese mitzuteilen. Nicht zuletzt auch deswegen, weil die Öffentlichkeit ein Anrecht darauf hat zu erfahren, wie demokratisch diese neue Linke denn nun wirklich sein will und wo sie sich eigentlich real positioniert.“
U.a. in besagtem Artikel vom 15. August 2005 hatte ich ausgeführt:
„Dabei geht es nicht darum bestehende Medienprojekte ersetzen zu wollen, sondern um eine Erweiterung und den Ausbau der Medienstrategien und -Konzepte der Linken.“
Vorgaben bezüglich der Form einer Kooperation, namentlich einem “Parteiorgan” oder dergleichen, wurden von mir nicht formuliert. Vielmehr ging es erst mal darum auszuloten, was auf dem Weg zu einer neuen sozialistischen Partei sinnvoll sein könnte.
Die Frage danach, welche Antwort man vom Parteivorstand der PDS hätte erwarten können, ist recht einfach zu beantworten: Nicht mehr und nicht weniger, als das, was die PDS selbst in ihrer Propaganda auf allen Kanälen verkündete und auch offizielle Beschlusslage der eigene Partei wurde, siehe:
Lothar Bisky Pressekonferenz 22.06.2005:
„Die PDS muss dazu beitragen, der Linken in Deutschland eine neue Perspektive zu eröffnen. … Sie wissen, ich habe mich immer dafür engagiert, dass sich die Linke in Deutschland um drei, vier Kernpunkte in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zusammenfindet, um überhaupt Einfluss realisieren zu können. Eine solche Entwicklung wird in der Folge durchaus auch zu einer Veränderung in der linken Parteienlandschaft führen. …
Ich kann sagen, dass dafür die ersten Schritte zu einer strategischen Neuaufstellung der Linken in Deutschland viel Interesse geweckt haben. … Auch wenn die eigentliche Arbeit am Projekt einer neuen Linken in Deutschland erst nach der Bundestagswahl beginnt, sollte doch schon im Namen der sich zur Wahl stellenden Partei ein Zeichen gesetzt werden, dass wir etwas Neues beginnen wollen.“
Lothar Bisky PDS-Parteitag 17.07.2005:
„Liebe Genossinnen und Genossen, verehrte Gäste, … Zeigen wir, die wir die Welt verändern wollen, dass wir selbst zur Veränderung fähig sind und ein Symbol für ein erweitertes linkes Projekt für wichtig halten!
Ich bitte zudem alle Mitglieder, Sympathisantinnen und Sympathisanten unserer Partei, in den nächsten Wochen dafür zu sorgen, dass “Die Linkspartei” als starke Kraft in den Deutschen Bundestag einzieht.
An die neue Linkspartei sind bereits heute viele Hoffnungen gebunden, die wir nicht enttäuschen dürfen. Die bange Frage vieler Menschen, die uns nahe stehen: Werden die Linken es diesmal schaffen, in den wichtigen Fragen zusammenzustehen und zu einer starken politischen Kraft zu werden – oder werden sie erneut in rivalisierenden Grüppchen von Besserwissern zerfallen?Meine Meinung: Wir sind zum Erfolg verurteilt, und wir haben keine andere Chance, als zunächst gemeinsam einen erfolgreichen Bundestagswahlkampf zu führen und dann die Vereinigung gründlich und nicht unter beständigem Zeitdruck voranzutreiben. Die PDS wird ihre Identität in der erweiterten Identität der neuen Linkspartei aufgehoben wieder finden – aufgehoben im Hegelschen Sinne, das meint angeeignet und weiter entwickelt.“
Offizieller Beschluss 9. Parteitag der PDS vom Dezember 2005:
„Darüber hinaus sind wir offen für weitere demokratische Linke Kräfte. Die durch alle Beteiligten eingebrachten politischen und kulturellen Erfahrungen werden uns bereichern und uns neue Horizonte im Denken und Handeln eröffnen.
Wir werden in diesem Prozess jene politische Kultur der Toleranz, der wechselseitigen Lernbereitschaft, der sachlichen Argumentation, des Zuhörens und der Priorität für das Gemeinsame entwickeln, die in der Geschichte der Linken häufig fehlte und die dem herrschenden Zeitgeist fremd ist.“
An dieser unzweifelhaften Deutlichkeit musste und muss sich die PDS messen lassen. Die eklatante Diskrepanz zwischen Propaganda und realem Handeln ist unleugbar.
Ich erspare mir an dieser Stelle eine umfassende Analyse der SED/PDS/Linke. Ein “Sammelbecken” ist diese Partei sicher nicht. Für den Grossteil der Linken und potenziellen linken Wähler war sie nie und ist sie auch weiterhin keine Option.
Zum einen, weil es eben versäumt wurde eine wirklich neue sozialistische Partei zu gründen (bzw. der damit korrespondierenden stalinistischen Vergangenheit), zum anderen wegen ihres Kuschelkurses und ihrer Rolle als Steigbügelhalter der Kriegs- und Hartz IV -Partei SPD.
Dem kritischen gesellschaftlichen Diskurs verweigert sie sich völlig und hofft stattdessen, als “kleineres Übel” und “linker Flügel der SPD” in die Parlamente gehievt zu werden.
Dabei bleibt jedoch das tatsächliche linke Potenzial auf der Strecke und eine Verlinkung zum demokratischen und sozialen ausserparla-mentarischen Widerstand kann nicht hergestellt werden.
Was die genannten anderen Medien betrifft: Wer sich ernsthaft und professionell mit dieser Frage auseinandersetzt, kommt nicht umhin zu bilanzieren, dass Die Rote Fahne eine von diesen deutlich unterscheidbare Qualität aufweist, inhaltlich, als auch das Medienformat betreffend.
Die junge Welt bspw. hat eine andere politische Positionierung. Dort kommen auch ausgewiesene Stalinisten als “Linke” zu Wort, was in der Roten Fahne undenkbar wäre. Aufgrund dessen ist sie in ihrer Verbreitung auch auf jene entsprechende “Szene” beschränkt, die es in der Unterscheidung nicht ganz so genau nimmt und den Begriff “links” eher diffus – gleichwohl keineswegs pluralistisch – definiert.
Zum Thema “Neues Deutschland” siehe u.a. diesen Artikel:
Abschliessend sei noch angemerkt, dass ich für die PDS durchaus einen Weg sehe, gemachte Fehler zu korrigieren – bezweifle allerdings, dass dafür der politische Wille vorhanden ist.
Aber das Projekt einer breiten (demokratischen) Linken, auch unter Einbeziehung ausserparlamentarischer Bewegungen, könnte durch die Bildung eines bundesweiten “Sozialistischen Forums” wieder mit neuem Leben erfüllt werden.
Der Erfolg versprechendste Weg dorthin führt über einen breiten Diskurs hier in der Roten Fahne, unter Beteiligung auch prominenter Repräsentanten der PDS.
In diesem Sinne hoffe ich auf konstruktive, solidarische Kooperation quer durch alle Strömungen der Linken.
Mit sozialistischem Gruss
Stephan Steins