I n seinem Artikel “Ernüchternde Bilanz der Anti-Beck-Demonstration” auf Linkezeitung.de vom 03.01.2007 schreibt Michael Seeland vom LAK Soziale Bewegungen WASG/NRW:
„Trotz einer intensiven Mobilisierungskampagne gelang es nicht, mehr als ca. 50 Mitstreiter für die Aktion zu gewinnen. … Insgesamt ist die Beteiligung aber als sehr enttäuschend zu werten. …
Selbstkritisch betonte dann auch Karl-Heinz Strohmeier von der Freien Wählergemeinschaft Gelsenkirchen bei seiner Anmoderation, wo sie denn seien, diejenigen, denen man jede Chance nimmt ein menschenwürdiges Dasein zu führen. Fühlen sie sich eigentlich noch für ihr eigenes Schicksal verantwortlich oder haben sie es schon in der Hände derjenigen gegeben, die eine modernisierte Form der Leib-(oder Seelen) eigenschaft geschaffen haben. Eine Vertreterin der WASG Mainz konstatierte lakonisch, dass das Bewusstsein der Menschen in diesem unserem Lande auf ein Niveau retardiert sei, dass dem des katholizierten Mittelalters entspräche.
Peter Grottian, Hochschulprofessor für Politikwissenschaft an der FU in Berlin und Mitglied des Aktionsbündnisses Sozialproteste (ABSP) sieht aus diesem Grunde die Form des profanen Sozialprotestes überholt und fordert eine Radikalisierung der Maßnahmen. Er ist ein Befürworter des Hungerstreiks und sieht nur noch in spektakulären Aktionen die Möglichkeit auf sich aufmerksam zu machen, in den Medien präsent zu sein und die breite Masse über die sozialen Mißstände in unserem Lande aufzuklären“.
Falsche Fragen zum richtigen Thema
Peter Grottian äusserte sich auch auf der Veranstaltung “Rosa-Luxemburg-Konferenz” vom Wochenende:
„Unser Grundproblem besteht darin, dass wir den herausfordernden Protest, den zivilen Ungehorsam und die Regelverletzung nicht mehr glaubwürdig verkörpern. Wir sind die Anwälte der Latschdemos, uns Linken fehlt die Radikalität. Wir verzeichnen eher eine Demobilisierung und eine linke Individualisierung. Wenn ATTAC bei der Antiprivatisierungskampagne Mühe hat, 50 oder 60 Leute zu mobilisieren, dann ist das ein Alarmzeichen. Wenn bei der Mainzer Demonstration gegen Kurt Beck am 2. Januar 100 Journalisten gezählt werden, aber nur 50 Betroffene, dann kann man nicht mehr sagen, dass die soziale Bewegung am Anfang steht – dann ist sie eher zu Ende.“
Ich finde diese Aussagen teilweise wunderlich, jedoch wenig überraschend. Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen und einigen mächtig auf die Nerven zu gehen, was durchaus auch die Intention dieses Beitrags ist, nochmal zum Mitschreiben:
Obige Aussagen verdeutlichen das völlige Unverständnis breiter Teile der Linken, eigentlich der gesamten Linken bis auf wenige Ausnahmen, der Mechanismen der modernen Mediengesellschaft. Ratlos wird auf der Stelle getreten.
Prof. Peter Grottian mahnt zwar (zu Recht) eine “Radikalisierung” politischer Aktionsformen an, aber auch er hat das Grundproblem nur teilweise erfasst, denn sein alleiniges Ziel ist “Präsenz in den Medien” zu erlangen. Unter “Medien” versteht er die bürgerlichen, den Medien-Mainstream. Zwar muss auch eine solche Strategie Teil einer professionellen Medienarbeit sein, aber eben nur ein Teil und ersetzt nicht das nachhaltige Herangehen an die Herausforderungen in der heutigen Medienwelt.
Peter Grottian – ich nenne ihn hier nur exemplarisch für die gesamte Linke – stellt nicht die richtigen Fragen, somit sind auch keine befriedigenden Antworten zu erwarten.
In Vorbereitung der Aktion vom 2. Januar bspw. wurde keine als professionell einzustufende Medienarbeit geleistet (bspw. kam in der Redaktion der Roten Fahne dazu nichts an). Das beträfe die Tagesaufgabe von Medienarbeit.
Da die Linke keine schlüssigen mittel- wie längerfristigen Medien- und Marketingkonzepte verfolgt und aufbaut, konnte eine solche Aktion auch nicht auf grössere Medienreichweite eigener linker Medien zurückgreifen.
Menschen, die von politischen Programmen und Aktionen keine Kenntnis haben und auch nicht die Möglichkeit solche zu kommunizieren und zu diskutieren, können sich evidenter Weise dazu auch nicht verhalten.
Hinzu kommt, dass eine auch kluge und spektakuläre Aktion alleine noch keine Anziehungskraft auf die Masse ausübt. Der Grund sind die Kommunikationsgewohnheiten der Menschen in der modernen Medienwelt. Will man diese bedienen – und das ist Voraussetzung Resonanz erzielen zu können – ist es erforderlich entlang der real existierenden, von der modernen Mediengesellschaft diktierten, Mechanismen zu operieren.
Singuläre und partikuläre Kommunikationsprodukte sind nicht in der Lage, diesen Anforderungen gerecht werden zu können. Darunter verstehen wir einzelne, isolierte Formen politischer Organisation und Aktion und der mit diesen korrespondierenden medialen Relevanz.
Im verworrenen Dickicht des medialen Ereignishorizontes sucht der Konsument medialer Produkte und Identitäten, das Individuum, nach Orientierung und Führung. Kompetenz und nachhaltige Autorität werden nur in den Produkten medialer Identitäten und gesellschaftlicher Kommunikation erkannt, die folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Integrierte Identität
Integrierte Identitäten bzw. Konzepte sind gefordert, welche auf das gesellschaftliche Ganze fokussieren.
Beispiel: Singuläre Kommunikationsmittel, wie aktuell zu G8 oder Oaxaca, finden jenseits der Szene kaum Interesse, weil die Menschen hinter solchen Partikular-Projekten keine Perspektiven und Relevanz für ihre eigene Situation erkennen.
Behandlung und Mobilisierung zu solchen Themen machen nur dann nachhaltigen Sinn, wenn dies im Kontext und der gemeinsamen Praxis politischen Agierens auf gesamtgesellschaftlicher Ebene betrieben wird und Zusammenhänge aufgezeigt werden. Konkret auf die Medienarbeit bezogen bedeutet dies, dass diese Themen in der Roten Fahne neben anderen behandelt werden müssten, nicht auf Flugschriften und Medien, die sich unbekannte Aktionisten mehr oder weniger spontan aus dem Ärmel gezaubert haben.
Gleiches gilt jedoch auch für Themen mit direktem Bezug, bspw. Hartz IV, also wie die oben angesprochene Aktion. Auch dies interessiert solange eher Niemanden, bis hinter solchen Einzelaktionen ein zusammenhängendes politisches Konzept erkennbar wird, welches in der Lage ist, Kompetenz und eine gesamtgesellschaftliche Perspektive zu kommunizieren. Und das breit gesellschaftlich wahrnehmbar.
2. Zentrales Medienformat
Das Gegenteil von gut ist gut gemeint. Je mehr singuläre Medienprojekte, Initiativen und Kampagnen die verstreute Linke initiiert, desto mehr trägt sie zur eigenen Schwächung bei. Mehr Projekte führen nicht zu mehr Qualität in der gesellschaftlichen Kommunikation, sondern tatsächlich zum Verlust an Glaubwürdigkeit und Reputation.
Für den Konsumenten dieser ungezählten medialen Produkte, den Bürger, den Leser, den Zuschauer, vermittelt sich durch die unüberschaubare Vielfalt das (völlig richtige) Bild von Orientierungslosigkeit und Inkompetenz.
Die Medienrealität, die durch diese erzeugten Kommunikationsgewohnheiten der Masse, verlangt nach zentralen Medienformaten, welche das Individuum in seiner Desorientierung an die Hand nimmt und ihm die Möglichkeit eröffnet Teil einer gesamtgesellschaftlichen Korporation zu werden.
Erst wenn der Status von Kompetenz und Massenverbreitung erlangt ist, macht es Sinn, auf der Grundlage funktionierender Corporate Identity Diversifikation in Sparten zu betreiben.
3. Design
Design in Form und Funktion muss durch die Kommunikationsgewohnheiten der Masse antizipierbar sein.
Voraussetzung für weiteren Gestaltungsspielraum ist, den Ereignishorizont der Masse überhaupt erst einmal zu erreichen.
Das bedeutet, die Linke ist gehalten sich an der Qualität von Corporate Identity, Marketing und Design – den Instrumentarien von Kommunikation in der modernen Mediengesellschaft – des Mainstream zu orientieren und zur Definition eigener Identität kreativ zu erweitern. Dass die Linke hierbei u.a. über den traditionsreichen antifaschistischen Medientitel “Die Rote Fahne”, die Zeitung Rosa Luxemburgs, verfügt, ist ein in Geld nicht aufzuwiegender Marketingvorteil. Dieser kann allerdings nur dann ausgespielt werden, wenn er in eine Medienstrategie eingebunden und entsprechend nutzbar gemacht wird.
4. Organisatorische Grundlage
Optimale Voraussetzung als Grundlage einer mittel- und längerfristigen Medienstrategie wäre natürlich, wenn die sozialistische Linke bereits zu organisatorischer Einheit gefunden hätte. Durch das sektiererische Agieren der SED/PDS/Linke und deren fortgesetzte neoliberale Orientierung Richtung SPD wurde eine historische Chance aktuell erstmal verzögert.
Dennoch bietet in dieser Situation der organisatorischen Neuorientierung der sozialistischen Linken gerade die Medienfrage ein hervorragend geeignetes Arbeitsfeld, um zu einer gemeinsamen politischen Praxis zu finden und den gemeinsamen Diskurs in der Organisationsfrage auf einer zentralen Plattform weiter voran zu bringen.
Trivialer ausgedrückt: Die Leute sind es leid von singulär operierenden Aktionisten, die zu keiner nachhaltigen, gemeinsamen politischen Praxis um das grosse Ganze fähig sind, permanent sinnlos durch die Gegend getrieben zu werden. Analoges gilt in der Medienfrage.
Die Leute wollen zentrale, hochqualitative Medien, die ihre Kommunikationsbedürfnisse bedienen und eine geeinte linke Partei, die eine kämpferische und sozialistische Perspektive kommuniziert. Sie wollen schlüssige Konzepte, welche ihnen griffig und memorierbar die Möglichkeit zur eigenen Identitätsfindung bieten und ihre Entfremdung gegenüber gesellschaftlichen Prozessen aufhebt.
Die Masse will Einheit, Qualität und Perspektive.
Prof. Peter Grottian stellt die falschen Fragen zum richtigen Thema. Er müsste hinterfragen, warum die Linke – jenseits der bürgerlichen Medien, aus eigener Kraft – keine breiten Schichten der Bevölkerung, über etablierte Szenen hinaus, zu erreichen in der Lage ist? Wo konkret sind die Defizite zu suchen, die es den eigenen, von denen des Klassengegners unabhängigen Medien, unmöglich machen, gesellschaftliche Resonanz zu erzielen?
Trägt er selbst zu der von ihm geforderten “Radikalisierung” bei, fördert er Aufbau und Verbreitung der Roten Fahne, nutzt er das LinksForum für Diskurse auf breiterer Basis und zur Anbahnung von Aktionen?
Und an die Adresse oben erwähnter Vertreterin der WASG Mainz: Ist es nicht eher die heutige Linke selbst, die durch eigene Versäumnisse zu einem historischen Anachronismus zu verkommen droht?
Zur Vertiefung
Eines der wichtigsten Themen, welche von der traditionellen Linken mehr oder weniger konsequent ignoriert werden, ist eine tiefergehende Kritik der Soziologie der modernen Mediengesellschaft und eine Analyse der damit korrespondierenden Problemstellungen.
Immer wieder äussern Linke die Auffassung, dass erarbeitete Inhalte bereits Kraft ihrer Qualität Eingang in den Ereignishorizont der Massen finden.
„Inhalt ist wichtiger als Form“ lautet denn auch ein oft vernommenes Postulat linken Selbstverständnisses, so dass im Ergebnis der Aufgabenstellung Form nicht die erforderliche Aufmerksamkeit entgegen gebracht wird.
Dabei ist nichts falscher als das, denn die real existierenden Kommunikationsmechanismen in der modernen Mediengesellschaft zwingen Medien und Mediatoren ihre Gesetzmäßigkeiten auf, völlig unabhängig davon, ob man diese aus philosophischer, humanistischer Perspektive als Degeneration und Entfremdung humaner Kommunikation identifizieren will.
Begriffe wie Marketing, Corporate Identity und mediale Identität werden vorschnell als inhaltsloses Vokabular bürgerlicher Kultur aufgefasst und im Ergebnis Thema und Problemstellungen negiert, auf die Herausforderungen somit keine Antworten gegeben. Fehler und Defizite in der gesellschaftlichen Kommunikation werden im inhaltlichen gesucht, dabei stellen Inhalt und Form eigenständige Disziplinen dar, die sich allerdings essenziell bedingen und im Idealfall schlüssig ergänzen.
Wäre Inhalt wichtiger als Form, wie war es dem Klassengegner dann möglich, Hartz IV durchzusetzen?
In einer von MedienMonopolen medial und kulturell dominierten Gesellschaft findet nur noch das Eingang in den Ereignishorizont der Massen, was wahrnehmbar medial reproduziert wird. Gesellschaftliche Wahrnehmbarkeit wird somit immer stärker abhängig von der Berücksichtigung durch den herrschenden Medien-Mainstream, was dort nicht medial reproduziert wird, findet im Ereignishorizont der Masse nicht mehr statt. Somit haben es die MedienMonopole in der Hand, gesellschaftliche Bewegungen und Entwicklungen weitestgehend zu steuern und zu kontrollieren, zumindest jedoch erheblich zu beeinflussen. Diese gesellschaftliche Realität erzwingt strategische Konzepte an der Medienfront in der Konkurrenz um die Kommunikationskanäle und Kommunikationsgewohnheiten der Menschen, will man Zugang zu deren Realitätsinterpretationen erlangen.
Der Kreis derer, die bspw. bei Wahlen Zeit, Bereitschaft und intellektuelles Vermögen aufbringen, aus eigener Initiative sich Parteiprogramme zu besorgen und im Detail zu studieren und zu evaluieren, dürfte sich auf maximal ca. 3 Prozent der Bevölkerung beschränken. Diese Welt der derart aktiv und bewusst am gesellschaftlichen, politischen Prozess partizipierenden Zeitgenossen stellt denn auch den Aktionsradius vieler Linker dar. Gesellschaftliche Realitäten darüber hinaus werden kaum reflektiert, weil es an den erforderlichen medialen Kommunikationskanälen in die Gesellschaft hinein und Rezeptoren zur Aufnahme von Rückmeldungen mangelt. Es entsteht eine Betriebsblindheit, welche die Akteure ratlos auf der Stelle treten lässt.
Zur Klarstellung: Selbstverständlich sind für uns Linke, die wir unsere Arbeit auf philosophischer Grundlage definieren, Inhalte der Kern unseres Wirkens. Aber es gilt zu begreifen – und das ist wesentlicher Bestandteil unseres dialektischen Verständnisses – dass Inhalte ohne Konzepte zu deren Vermittlung höchst unvollständig bis nutzlos sind.
Schlechte oder falsche Inhalte lassen sich mittels geeigneter Form medialer Kommunikation gesellschaftlich durchsetzen, richtige Inhalte können jedoch im Umkehrschluss nicht auf diese verzichten. Früher nannte man dies Propaganda, worum sich heute, in den Zeiten elektronischer Massenmedien und wachsender Entfremdung, komplexe Disziplinen der Kommunikationswissenschaften gebildet haben.
Von der mittelalterlichen Ikone, über das gezeichnete, später bewegte Bild, hat die assoziative Vermittlung von Identitäten eine wachsende Durchdringung des Ereignishorizontes der Menschen erfahren.
In früheren Jahrhunderten, bis hin zur gesellschaftlichen Organisation in Dörfern, war das einzelne Individuum in der Lage, alle relevanten Informationen der eigenen Verifikation zu unterziehen. Die Qualität von Ernte und Viehzucht, die Konsequenzen dieser für Handelsgeschäfte mit Nachbardörfern, die Integrität seiner Mitbürger, die Bewertungen der ökonomischen, ökologischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen konnten sprichwörtlich innerhalb der Grenzen des eigenen Horizontes erfolgen. Mit dem Anwachsen der Massengesellschaften mit ihren Metropolen wuchsen einerseits die existenzbestimmenden Fremdfaktoren, als auch die Notwendigkeit der Vermittlung von Informationen. Die Welt war aus der Perspektive des Individuums unüberschaubarer geworden. Die Vermittlung von Informationen musste nun zunehmend durch Dritte, durch Instanzen erfolgen, die zu diesem Zweck Industrien der Presse und Werbetreibenden mit ihren zeitgeistlich angepassten Formaten von Propaganda und medialen Identitäten erschufen.
Diese immer komplexer werdenden Mechanismen verwandelten das Individuum in einen Konsumenten seiner vermeintlich eigenen Realität, welche sich als Matrix in seinem Ereignishorizont manifestierte. Objektiv bewirkte diese Entwicklung eine fortschreitende Entfremdung des Individuums von den Kommunikationsmechanismen der modernen Medienge-sellschaft.
Warum ist es erforderlich immer wieder das Augenmerk auf diese Metaebene zu lenken, schliesslich produziert doch die Linke in all ihren Strömungen Publikationen in den verschiedensten Formaten?
Weil erstens diese Arbeit mindestens 50 Prozent der gesamten verfügbaren Ressourcen einnehmen muss, statt wie bisher als begleitendes Produkt stiefmütterlich nebenher zu laufen. Zweitens orientiert sich die Medien- und Marketingarbeit der Linken im Wesentlichen (noch) an traditionellen Konzepten, die in keinster Weise geeignet sind, den heutigen Herausforderungen gerecht zu werden und schliesslich drittens gehört diese Arbeit nicht in die Hände der Funktionäre der politischen Ressorts, sondern in eigens dafür gebildete Medien- und Marketing- Gruppen, respektive derer, die sich professionell mit diesen Aufgabenstellungen auseinandersetzen.
Um sich gegen die kulturelle und ökonomische Hegemonie der Monopole zumindest einigermaßen behaupten zu können, ist die Linke gehalten Synergie durch Kooperation und Konzentration zu erzielen, statt sich in ungezählten Nischenprodukten medialer Identitäten zu verzetteln.
Es geht im Ergebnis um die Verbesserung der Qualität von Medien- und Marketingarbeit. Voraussetzung hierfür ist, die damit verbundenen Problem- und Aufgabenstellungen zu erkennen, angemessen zu gewichten und strukturelle Instrumentarien zu deren Bewältigung zu schaffen.
Selbstverständlich sind Beiträge in den bürgerlichen Massenmedien, so man solche denn erzielen kann, sehr wichtig. Aber auch hier gilt es zu begreifen, dass sofern man sich allein darauf verlässt, man sich der bürgerlichen Presse- und Medienlandschaft auf Gedeih und Verderben ausliefert. Eine solche Auffassung von Medienarbeit verzichtet darauf, Perspektiven für den Aufbau eigener Medienmacht zu erarbeiten. Eigene Medienmacht, welche dann fehlt, wenn der Mainstream nicht mehr mitspielt und es darauf ankommt, aus eigener Kraft heraus mediale Wahrnehmbarkeit zu erzielen.
Ein anschauliches Beispiel hierfür sind Frühjahr/Sommer des Jahres 2004 mit seinen sozialen Protesten und dem Lafontaine-Effekt.
In dieser Zeit war das Thema Lafontaine und die bevorstehende Bildung einer neuen linken Kraft in Konkurrenz zur SPD aus Sicht der bürgerlichen Medien der Renner der (Medien-)Saison. Nicht aber deshalb etwa, weil die bürgerlichen Medien plötzlich ihre Liebe zur Linken und dem sozialen Widerstand entdeckt hätten, sondern allein wegen des Spektakels der Auseinandersetzung Lafontaine versus Bundeskanzler Schröder. In diesem Kontext konnte auch der soziale Widerstand von der medialen Berichterstattung profitieren und allein diesem Umstand ist es zu verdanken, dass zu verschiedenen Demonstrationen, wie der in Leipzig mit Oskar Lafontaine, so viele Menschen mobilisiert werden konnten.
Nachdem dieser MedienHype für die bürgerlichen Medien abgefeiert war, erlahmte denn auch wieder die Teilnahme an den Aktionen und Demonstrationen des sozialen Widerstands, und dies, obwohl die Linke ihre Aktivitäten nochmals deutlich verstärkt hatte.
Wir erleben also an diesem Beispiel exemplarisch, wie gesellschaftliche Resonanz und damit korrespondierend gesellschaftliche Prozesse durch die MedienMonopole erst erschaffen und dann auch wieder abgewürgt werden können.
Ohne den konsequenten Aufbau eigener Medienmacht wird auch die beste Philosophie ungehört bleiben, die beste Politik zum Scheitern verurteilt sein. Erfolg an der Medienfront ist eine der Schlüsselvoraussetzungen zur Erlangung breiter gesellschaftlicher Wahrnehmbarkeit, welche wiederum Voraussetzung ist, politisch überhaupt etwas zu bewegen.
Fehlenden ökonomischen Mitteln in der Auseinandersetzung mit dem Mainstream kann nur durch Konzentration und Professionalisierung und das Erzielen von Synergie begegnet werden. Die Linke ist also gehalten Medienarbeit, die Entwicklung eigener Medien-, Corporate Identity- und Marketing- Strategien zu einer zentralen Hauptaufgabe zu machen. Es macht wenig Sinn Inhalte zu entwickeln, ohne zu wissen, wie man diese im Ereignishorizont der Masse platzieren kann.
OK, ich habs´ begriffen, was mache ich ab morgen?
Versteht man die Medienfrage, erkennt man, dass dies die politischste aller nach aussen gerichteten Aufgabenstellungen ist. Deren Lösung ist die Mutter aller Grundvoraussetzungen, will man gesellschaftliche Kommunikation erzielen und dadurch Einfluss auf gesellschaftliche Prozesse gewinnen.
Es sind die verschiedenen linken Medien, Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Medien- und Pressebereich aufgerufen, mit dieser Arbeit zu beginnen und sich über die Bildung einer strömungsübergreifenden MedienGruppe zu verständigen. Konkret müsste als erster Schritt in der Roten Fahne eine informelle, offene Diskussion zum Thema geführt werden, in welcher die verschiedenen Auffassungen zu einem solchen Projekt dargelegt und erörtert werden.
Die gemeinsame Bearbeitung der Medienfrage stellt DAS Referenzprojekt für eine gemeinsame politische Praxis der verschiedenen Strömungen der sozialistischen Linken dar und wird helfen kollektive Handlungsfähigkeit zu entwickeln.
Zuarbeit von Content – Artikel, Berichte, Diskussionen etc. -, sowohl für Die Rote Fahne, als auch die verstärkte Nutzung des Forums LinksForum und die Verbreitung dieser Medienformate, gehören zu den sofort umsetzbaren Tagesaufgaben.