da stand die Freiheit auf dem Spiel,
die unser aller ist.
Drum setzte sich die Welt zur Wehr.
Wir kamen über Land und Meer.
Pack dein Gepäck, Faschist!
Aus: Bataillon Edgar André
Musik Max Singer, Text Erich Weinert (1938)
So beginnt eines der bekanntesten Lieder aus der Zeit des Spanischen Bürgerkriegs: Das Bataillon Edgar André. Ernst Busch hat es 1939 auf Schellack aufgenommen. Damals herrschte in der Arbeiterklasse der Schweiz wie in den meisten demokratischen Staaten der westlichen Welt die Sympathie für die spanischen Demokraten vor, selbstverständlich unter den Kommunisten, aber auch tief in die Sozialdemokratie hinein.
Als die Kämpfer der Internationalen Brigaden in der Schweiz verurteilt wurden, sprachen sich sogar eine Reihe von bürgerlichen Nationalräten für deren Amnestierung aus.
Nur die Katholisch-Konservativen (wie der damalige Name der Christlich-demokratischen Volkspartei lautete) sprachen sich geschlossen für die Verurteilung der Antifaschisten aus.
Heute erleben wir in der Ukraine einen vergleichbaren Vorgang. Eine faschistische Putschistengruppe hat sich – wie damals in Spanien mit Unterstützung bestimmter ausländischer Mächte und mit dem achselzuckenden Wohlwollen gewisser anderer Regierungen, ebenso mit dem Applaus von grossen Teilen der bürgerlichen Presse – gegen die legitime Regierung durchgesetzt, die im Unterschied zur Regierung der 2. spanischen Republik keine Volksfrontregierung ist, aber immerhin aus demokratischen Wahlen hervorgegangen ist.
Aber mehrere kommunistische und linke Parteien sind untereinander uneinig und intern höchst zerstritten über die Frage der Solidarität im Lager aller Kräfte, die sich der faschistisch-imperialistischen Offensive in der Ukraine widersetzen.
Es fehlt zwar nicht an Solidaritätsbeteuerungen aller Art an die Antifaschisten in der Ukraine und Opfer der faschistischen Aggressionen. Aber sofort wird die Sache heikel, wenn es um die Solidarität mit der externen Hauptkraft geht, welche mehr als jede andere Macht dazu beiträgt, die imperialistischen Pläne in der Ukraine zu durchkreuzen und das Volk der Ukraine vom Faschismus zu befreien: die Solidarität mit Russland.
Europäische Linkspartei bekennt sich zur Theorie der Gleichsetzung Russlands mit den imperialistischen Aggressoren
Die Europäische Linkspartei (ELP), der die deutsche LINKE, die PdA Schweiz und einige Parteien mit kommunistischen Namen angehören, hat am 01. Juli eine Stellungnahme zum Krieg in der Ukraine herausgegeben.
Darin wird Russland ausser einem imperialistisches Benehmen gegenüber der Ukraine auch vorgeworfen, es habe „den aggressiven Weg gewählt“.
Russlands Politik wird damit als praktisch gleichermassen wie die der imperialistischen Westmächte als hauptverantwortlicher “Faktor” für den Bürgerkrieg in der Ukraine erklärt.
Die Veröffentlichung der Stellungnahme der ELP erfolgte am Dienstag in spanischer Sprache auf der Homepage der Kommunistischen Partei Spaniens (PCE). In den übrigen Hauptsprachen ist sie – so jedenfalls das Resultat einer oberflächlichen Google-Suche – noch nicht erschienen, was einen Anhaltspunkt für die Vermutung abgeben könnte, der Text komme aus der Feder der PCE oder des Linksbündnisses Izquierda Unida (IU).
Sollte diese Stellungnahme tatsächlich von der PCE stammen, dann wäre dies ein schlechtes Zeichen.
Die PCE gehörte zu den Erstunterzeichnern der Gemeinsamen Stellungnahme von über 60 Kommunistischen und Arbeiterparteien „Für den Frieden – Gegen die NATO“ vom 14. März 2010, worin die NATO-Expansion im Raum der ehemaligen Sowjetunion eindeutig verurteilt und die NATO als Gefahr für den Frieden charakterisiert wird.
Die “Aequidistanz”, die Einhaltung des gleichen Lärmabstands zu den Aggressoren und den Angegriffenen – das ist heute die Ukraine und morgen, von diesem Sprungbrett aus, Russland – die sich im neuesten Statement und dessen Publikation auf der PCE-Homepage äussert, bedeutet praktisch den Widerruf der Unterschrift unter die Stellungnahme von 2010.
Damit bestätigt sich die Euro-Linkspartei wieder einmal als williger Lakai der NATO-Imperialisten. Das ist keine Überraschung, es ist vielmehr die Rolle, die dieser Partei in die Wiege gelegt wurde.
Im Unterschied zu früheren Gelegenheiten können sich die Sozialchauvinisten in der Führung der meisten Parteien der Euro-Linken diesmal auf Schützenhilfe vom “linken” Parteiflügel verlassen, besonders von eifrigen Genossen, die Lenins Werk als eine Art Versteinerung betrachten und genau in der Welt stehen bleiben, wie sie Lenin vor 100 Jahren betrachtet hat.
Erst wenn diese Genossen aus dem Dornröschenschlaf erwachen, und wenn sie statt Lenin auswendig zu lernen daran gehen, Lenins Methode zu verstehen und auf die heutige Welt anzuwenden, erst dann besteht Aussicht, dass diese Schwierigkeit vieler kommunistischer und linker Parteien in Europa überwunden wird.
Nur dann wird auch die Friedensbewegung in Europa wieder zu einem Faktor werden. Und nur dann werden sich die kommunistischen Parteien im Kampf gegen den Faschismus die führende Rolle zurückerobern, die sie historisch innehatten und die ihnen als Avantgarde des Proletariats im Kampf gegen den Faschismus zukommt, welcher bekanntlich der terroristischen Herrschaft der am meisten imperialistischen, reaktionärsten Interessengruppen des Monopolkapitals dient.
Die Tage der Euro-Linken sind gezählt
Das Projekt einer generellen Sozialdemokratisierung der ehemals kommunistischen Parteien im Herrschaftsgebiet der EU kann als gescheitert betrachtet werden. Diese eigentliche Aufgabe hat die Euro-Linkspartei sichtlich überfordert.
Dagegen behalten einzelne ihrer Mitgliederparteien aus der Sicht der Bourgeoisie die wichtige Funktion, die Arbeiterklasse zu spalten und zu zersetzen.
Das jüngste Statement der Europäischen Linkspartei zur Ukraine ist ein Musterbeispiel für den Mechanismus dieser Zersetzung. Was wir in den bürgerlichen Mainstream-Medien hundertmal gehört haben, wird für die Leute, die diesen Medien gegenüber skeptisch eingestellt sind, nocheinmal ausdrücklich von “linker” Seite ausgesprochen, um es diesen Skeptikern glaubhaft erscheinen zu lassen.
So haben wir es wieder und wieder aus den Sprachrohren der PdA Schweiz vernommen. Gewisse Jungkommunisten, welche bis anhin kritisch gegen die pro-imperialistischen Äusserungen der Euro-Linken und gegen ebensolche Artikel der hiesigen Parteipresse eingestellt waren, schweigen nun plötzlich zu der Theorie der Gleichsetzung von Russland mit den imperialistischen Aggressoren.
Natürlich hat die Bourgeoisie ein Bedürfnis nach solchen Parteien, welche die Opposition der arbeitenden Bevölkerung gegen Ausbeutung und Unterdrückung, gegen Faschismus und Krieg, gegen Umweltzerstörung absorbieren und auf “unschädliche” Kanale ableiten.
Oder Parteien, welche dem Volk mit sozialistischen Programmen die Wählerstimmen abluchsen, um dann die Kapitalherrschaft umso wirksamer abzusichern. Eine solche Partei wird dann gegebenenfalls von der Bourgeoisie hochgepäppelt, wenn diese alle verfügbaren bürgerlichen und sozialdemokratischen Karten ausgespielt hat.
Die ungeheure Sympathie der Mainstream-Medien für die griechische Syriza, die sich eine linkssozialistische Fassade gibt, ist ein deutliches Beispiel. Die zurückliegenden Wahlerfolge der Syriza begeistern natürlich die Anhänger der Euro-Linkspartei.
Aber diese Begeisterung, die sich zuerst auf die Rifondazione von Bertinotti berief, und nach dem Wahldesaster dieser Partei auf den portugiesischen Linksblock umschwenkte, der inzwischen von den Wählern ebenfalls übel abgestraft worden ist, muss sich nun mal eine neue Eintagsfliege zum Fetisch aussuchen.
Auch der Stern der Syriza wird sinken und dem generellen Bahnverlauf der Linksparteien dieses Zuschnitts folgen: am Ende dieser Entwicklung steht die Diskreditierung der Euro-Linkspartei als Ganzes vor Europas Augen, und die Einsicht in die Notwendigkeit der Schaffung von kommunistischen Parteien.
Da wird man sich die Vorbilder ausserhalb der Eurolinken suchen, in Europa wohl zunächst an der erfahrensten und stärksten marxistisch-leninistischen Kraft im gesamten NATO/EU-Raum orientieren, an der Partei mit der weltweit grössten Ausstrahlung unter den kommunistischen Parteien Europas, die sie sich im generationenlangen unermüdlichen Kampf gegen den Faschismus, gegen die Kolonialkriege und gegen den Opportunismus in der Arbeiterbewegung erworben hat, und die untrennbar verbunden sind mit der herausragenden Persönlichkeit des Revolutionärs und Theoretikers Alvaro Cunhal, sowie mit der portugiesischen April-Revolution von 1974/75, der wichtigsten Revolution in Westeuropa seit der Pariser Commune von 1871 und der einzigen Revolution im Bereich der NATO seit deren Bestehen:
Wir sprechen natürlich von der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP).
Auch für die Schweiz: Keine kommunistische Praxis ohne wissenschaftliche Theorie
Die Kommunistische Theorie hinkt in ihrer Entwicklung seit langem hinter der Praxis und den praktischen Bedürfnissen, denen sie dienen sollte, zurück. Zu den wichtigsten und dringlichsten Aufgaben jeder ernsthaften kommunistischen Partei gehört heute die Vertiefung der geopolitischen Analyse der internationalen Klassenkräfte, die Vertiefung der theoretischen Durchdringung der ökonomischen Entwicklung, die nicht vor 100 Jahren stehen geblieben ist, sondern neue Phänomene und neue Gesetzmässigkeiten hervorgebracht hat, wie zum Beispiel das Überhandnehmen des fiktiven Kapitals und dessen geopolitische Rolle.
Eine solche theoretische Arbeit wird nur von wenigen Parteien unternommen. Beispielgebend ist hierzulande die Kommunistische Partei der Italienischen Schweiz, die sich in ihrer praktischen Aktion auf wissenschaftliche Grundlagen stützt und über einen hochqualifizierten Stab von in- und ausländischen Ökonomen und Finanzexperten verfügt.
Ihre Analysen sind mit wenigen Ausnahmen leider nur in italienischer Sprache zugänglich.
Sie gehört zu den wenigen Parteien in Westeuropa, die auch den Ukrainekonflikt von Anfang an richtig eingeschätzt hat. Zu den wenigen linken Kräften (in Europa), die sich der Mainstream-Berichterstattung gegen BRICS-Länder konsequent und allseitig widersetzt und übrigens ausgezeichnete Beziehungen mit einer Reihe von kommunistischen Parteien rund um die Welt pflegt.
Leider weigert sich die PdA Schweiz, die Errungenschaften der KP der Südschweiz (Tessin und Graubünden) zu anerkennen, geschweige denn auch für die Genossen in der Deutschschweiz und in der Romandie fruchtbar zu machen, indem sie zum Beispiel die Übersetzung der theoretischen Zeitschrift #politicanuova besorgen würde.
Stattdessen hat die PdA-Zentrale schon im Jahre 2011 mit dem Ausschluss der marxistisch-leninistischen Tessiner Sektion gedroht, falls diese sich nicht an den Kurs der Parteizentrale halten und weiterhin eigenständige Positionen in internationalen Fragen vertreten werde.
Wir sind zuversichtlich, dass sich die ideologisch und organisatorisch gefestigten Südschweizer Kommunisten sich durch leere Drohungen aus den Hinterhöfen einer moribunden Partei nicht beirren lassen werden.
Die Kommunisten der Italienischen Schweiz haben den Drohungen auch eine klare Absage erteilt, indem sie ihren Politischen Sekretär Massimiliano Ay einstimmig und per Akklamation in seinem Amt bestätigten. Der Marxismus-Leninismus in der Schweiz lebt, und er wird die PdA Schweiz überleben, wenn diese so weiterwurstelt wie derzeit, wo sie wenig anderes bietet als am eigenen Grab zu schaufeln und sich jedesmal zu blamieren, wenn sie es versäumt den Mund zu halten.