D er Industrieausschuss im EU-Parlament (ITRE) hat heute über den del Castillo-Report abgestimmt, dem Entwurf für eine EU-weite Telekommunikationsverordnung. Dabei setzte sich die konservative Mehrheit mit 34 Ja-Stimmen gegenüber 22 Nein-Stimmen in der entscheidenden Abstimmung über die Definition von “Specialized Services” durch.
Wir kennen diese Art von Diensten aus der → Drosselkom-Debatte, wo die Deutsche Telekom von “Managed Services” spricht. Wir warten noch auf die Stimmzettel um genau das Verhalten der deutschen EU-Abgeordneten im ITRE-Ausschuss analysieren zu können.
Der Spin von EU-Kommission und Konservativen (und der Telekommunikationsindustrie) wird jetzt wohl sein, dass man Netzneutralität gestärkt habe.
Aber das ist reines Blendwerk, weil man gleichzeitig mit einer ungenauen Definition von “Specialized Services” den Tor zum Zweiklassen-Netz weit aufreisst und die Telekommunikations-Unternehmen dort einfach ohne Regeln machen lässt.
Das Ziel ist, Netz-Überholspuren an grosse Unternehmen zu verkaufen, unabhängige Presse, Blogs, StartUps und Communities werden dann über die Trampelpfade geschickt. Die Message lautet: Mehr Drosselkom wagen.
Die heutige Abstimmung im federführenden Ausschuss gilt als wichtige Empfehlung für die Abstimmung im Plenum des EU-Parlaments, die bereits in zwei Wochen Anfang April stattfindet. Es gibt eine theoretische Chance, dass sich bis dahin noch andere Mehrheiten finden, die “Specialized Services” besser eingrenzt und Netzneutralität konkreter und stärker definiert.
Bei der Abstimmung über den ganzen Bericht gab es 29 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen bei 17 Enthaltungen (die vor allem aus dem Lager der Sozialdemokraten kamen).
Der Digitale Gesellschaft e.V. sagt dazu in einer Pressemitteilung: „Zwar wurden die für die Netzneutralität bedrohlichsten Passagen des Verordnungsentwurfs ein wenig entschärft, zugleich aber der Verbraucherschutz geschliffen und Hintertüren für die Einführung von Netzsperren sperrangelweit geöffnet.
Der Zugang zum offenen Internet und die Wahlfreiheit bei Diensten, Inhalten und Endgeräten muss als einklagbares Recht der Nutzer ausgestaltet werden. Indem sich der Ausschuss einer solchen Formulierung in den Weg stellt, verweigert er Verbrauchern das nötige Rüstzeug zur effektiven Verteidigung ihres Netzzugangs und beschert ihnen stattdessen neue Rechtsunsicherheiten.“
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