NSU-Watch widerspricht der Roten Fahne

Der Krieg der Protokolle im Zschäpe-Prozess hat begonnen

- von RF  -

A m Montag hatten wir darüber berichtet, dass die vermeintliche Informationsseite im Internet nsu-watch.info, herausgegeben durch den staatlich finanzierten Verein apabiz, über den Zschäpe-Prozess vor dem OLG München die Unwahrheit berichtet. [1]
Es geht hierbei u.a. um die für den Prozess bzw. gesamten NSU-Komplex äusserst wichtige, zentrale Frage des Orts und Zeitpunkts einer möglichen Waffenübergabe durch Carsten Schultze (Carsten S.). [2]

Ein Rechtsanwalt der Nebenklage, RA Axel Hoffmann, der für apabiz/nsu-watch schreibt, hatte bereits im Laufe der Woche bei der Roten Fahne unserer Berichterstattung widersprochen, und nun hat apabiz/nsu-watch mittlerweile auf seinen Protokoll-Seiten zum 10. und 13. Verhandlungstag “Ergänzungen” unter den Artikeln vorgenommen.

Unter dem Protokoll des 10. Verhandlungstages [3] heisst es bei apabiz/nsu-watch jetzt:

„Anders als vereinzelt in Medien dargestellt, sagte S. in seiner Vernehmung zum Ort der Waffenübergabe auf die Frage eines Nebenklage-Vertreters: „Ich erinnere mich nicht an Galeria Kaufhof, ich kenne das aus Düsseldorf, es war eher so dieses Gefühl: Kaufhaus, Café.“

Dazu ist anzumerken, dass apabiz/nsu-watch die einzige Quelle in der gesamten Medienlandschaft ist, die behauptet, dass Carsten S. den fraglichen Ort nicht als Galeria Kaufhof in Chemnitz genannt hatte.
Sowohl unsere eigenen Korrespondenten als auch alle anderen Medien, die sich überhaupt mit diesem zentralen Punkt befassen, bestätigen, dass Carsten Schultze das Café in der Galeria Kaufhof in Chemnitz identifiziert hat, als Ort des Treffpunkts mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos Ende 1999 oder Anfang 2000.

Warum spricht Carsten S. am 10. Verhandlungstag überhaupt von einer „Galeria Kaufhof“, wenn es sich doch, wie apabiz/nsu-watch suggeriert, lediglich um ein x-beliebiges Kaufhaus mit Café gehandelt hat?
Das ergibt keinen Sinn.

Die NATO und ihre Geheimarmeen, Vorlesung von Historiker
und Friedensforscher Dr. Daniele Ganser an der Universität Basel

Unter dem Protokoll des 13. Verhandlungstages [4] heisst es bei apabiz/nsu-watch jetzt:

„Der Ort der Waffenübergabe war auch schon am 10. Prozesstag Thema. Allerdings legte sich Schultze an keinem der Tage auf ein Geschäft fest, sondern beschrieb nur den Ort, hier die Protokolle von Nebenklage-Vertreter_innen:
1. Frage: „Wo war das Gespräch vor Übergabe der Waffe?“
Antwort: „Ein Kaufhaus mit einem Café. Ich kenne mich in Chemnitz in der Innenstadt nicht aus. Ich erinnere mich nicht an eine Galeria Kaufhof, aber ich kenne eine solche aus Düsseldorf und hatte dieses Bild vor Augen.“

2. Dann Telefonat, ich solle die Waffe nach Chemnitz bringen, ob Wohlleben oder ich telefoniert haben, weiß ich nicht. Dann bin ich mit der Bahn nach Chemnitz, die beiden Uwes haben mich am Bahnhof abgeholt. Ich weiß nicht, ob Herbst oder Frühjahr, weil ich gefroren habe. Ich hatte ACAB-Pullover an, einer der Uwes hat gesagt, ich soll den ausziehen.
Ich bin mit den beiden zu einem Einkaufszentrum (Galeria Kaufhof o.ä.) mit Café.“

Warum hier apabiz/nsu-watchGaleria Kaufhof o.ä.” in Klammern gesetzt hat, ist nicht ersichtlich.

Dass sich die Aussagen unter 1. und 2. widersprechen, erklärt sich dadurch, dass diese aus unterschiedlichen Protokollnotizen zweier verschiedener Rechtsanwälte stammen, wie wir von RA Hoffmann wissen.

Laut unserer eigenen Notizen sagte Carsten Schultze am 10. Ver-handlungstag, dem 13.06. auf Nachfrage:
„In welchem Café waren sie denn genau in Chemnitz?“

„Ich habe ein Kaufhaus mit einem Café im Kopf. Da ist so ein Gefühl in meinem Kopf. In Düsseldorf gibt es ein Café in der Galeria Kaufhof. Das kenne ich. Das war dasselbe Gefühl. Deshalb habe ich das gesagt.“ (siehe 2.)

Anders formuliert sagt Schultze damit: Das Kaufhaus-Café in Chemnitz ist vom Stil her identisch mit jenem in der Galeria Kaufhof in Düsseldorf.

NSU - Nazi oder NATO?

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Er bestätigt also auf Nachfrage nochmals seine Aussage zum Ort des Treffens im Rahmen der Übergabe der Waffe.

Berücksichtigt man die gesamte Berichterstattung von apabiz/nsu-watch zum NSU-Komplex, so fällt die mangelnde professionelle Distanz zur juristischen Causa auf.
apabiz/nsu-watch scheint vor allem daran gelegen zu sein, eine politische Kampagne zu forcieren, statt die juristische Aufklärung der politischen Bewertung voran zu stellen.
Das ist natürlich fatal, denn ohne objektive Sachaufklärung muss die politische und gesellschaftliche Konklusion scheitern.

Ein Strafprozess ist der falsche Ort für derlei Manöver. Dort geht es allein um konkrete Tatvorwürfe, die es professionell aufzuarbeiten gilt.
Dass es dem Staat und den involvierten Geheimdiensten der imperialen NATO nur gelegen kommt, wenn eine grölende Meute ruft, “hängt sie höher!”, ist verständlich. Nicht nachvollziehbar ist es allerdings, wenn ein Verein mit antifaschistischem Anspruch für die Hintermänner das Geschäft der Verschleierung betreibt.
Gerade auch im Interesse der Opfer und deren Angehörigen sollte eine kritische Herangehensweise für Demokraten selbstverständlich sein.

Wir appellieren an apabiz/nsu-watch, davon abzulassen, sich die staatliche Version der Ereignisse nebst medialer Diktion zu eigen zu machen und sich stattdessen auf die kriminalistische und juristische Aufklärung zu verlagern.
Antifaschistische Aufklärung, die den Namen verdient, darf nicht vor den grossen Fischen und der imperialen Hegemonie zurückschrecken. Unterstützt besser die Aufklärungsarbeit der Roten Fahne.

Nachstehend noch Quellenangaben aus der Presselandschaft zur Aussage des Carsten S.:

„Angeklagter Carsten S. will vor der Waffenübergabe das NSU-Trio in der Galeria Kaufhof getroffen haben“
Freie Presse, 06.06.2013

„Bei dieser Übergabe in einem Cafe in der Galeria Kaufhof in Chemnitz hätten sie angedeutet, dass sie Gewalttaten planen.“
Süddeutsche Zeitung, 11.06.2013

„Eine Ungereimtheit gibt es in der Aussage von Carsten S. Der behauptet, er habe sich in einem Café in der Galeria Kaufhof in Chemnitz mit Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos Ende 1999 oder Anfang 2000 getroffen.“
Schwarzwälder Bote, 11.06.2013

„Das Gespräch zwischen den drei untergetauchten Neonazis und Schultze soll Ende 1999 oder Anfang 2000 im Café der Galeria Kaufhof in Chemnitz stattgefunden haben.“
Neues Deutschland, 12.06.2013 (zitiert nach AG Friedensforschung)

„The NSU, which stands accused of murdering 10 people between 2000 and 2007 in addition to perpetrating several bomb attacks and bank robberies, was just getting started when the meeting referenced by Carsten S. took place in a café in the Galeria Kaufhof department store in Chemnitz.“
Der Spiegel, 12.06.2013

„Schneiders verwies darauf, dass S. das Trio Ende 1999 oder Anfang 2000 vor der Übergabe der Waffe im Café einer Galeria Kaufhof in Chemnitz getroffen haben will.“
Stern, 20.06.2013

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