Hartz IV-Blutspur fordert weiteres Todesopfer

Zwangsgeräumte Rosemarie Fliess gestorben - Trauermarsch 18.00 Uhr

- von RF  -

D ie “Sozial”-Politik in Deutschland hat ein weiteres Todesopfer gefordert. Nach der unter Polizeieinsatz durchgesetzten Zwangsräumung ihrer Wohnung in der Aroser Allee 92 in Berlin-Reinickendorf, erhielt die 67-Jährige Rentnerin Rosemarie Fliess Obdach in der Wärmestube der Kälte-Nothilfe. Nur zwei Tage später starb die schwerbehinderte Frau.
Rosemarie Fliess habe dem Druck und Stress nicht standhalten können, teilt die Kältehilfe mit, sie sei am Donnerstag gegen 18 Uhr gestorben. Die genaue Todesursache soll eine Obduktion klären.

Der Initiator der Kälte-Nothilfe, Zoltan Grasshoff, erzählt von den letzten Stunden, die er mit Rosemarie Fliess verbracht hat: „Sie hat in den Tagen nach der Räumung erheblich abgebaut“. Rosemarie Fliess habe auf einem Spaziergang, der ihr grosse Mühe bereitete, mehrfach erbrochen, nur sehr langsam habe sie sich bewegen können.

Kälte-Nothilfe: Zwangsgeräumte Rosemarie Fliess gestorben

Am Donnerstag früh habe sie den Wunsch gehabt, ins Jüdische Krankenhaus eingeliefert zu werden, doch dann habe sie erst einmal schlafen und sich ausruhen wollen. Diesen Wunsch habe man akzeptiert, sagte Grasshoff.
Grasshoff empfindet ihren Tod als Mord „durch den Staat“, als „Hartz IV-Mord“.

Am 27. Februar 2012 hatte das Berliner Landgericht die Zwangsräumung vorläufig noch gestoppt. Die zuständige Gerichtsvollzieherin hatte schon die Schlösser zu der Wohnung ausgetauscht, als die telephonische Absage bei ihr eintraf.
Rund 200 Personen hatten vor dem Haus gegen die Räumung demonstriert. Die Mieterin konnte vorerst bleiben.

Am Dienstag wurde Rosemarie Fliess mit einen Grossaufgebot von 140 Polizisten aus ihrer Wohnung geräumt. Es war der dritte Anlauf, obwohl ein Gericht erst letzte Woche durch ein fachärztliches Attest bestätigt hatte, dass der schwerbehinderten und schwer kranken Rosemarie Fliess eine Wohnungsräumung unzumutbar ist.

Wieder protestierten rund einhundert Menschen friedlich in Berlin-Reinickendorf. „Wir wollten präsent sein und auf die Räumung aufmerksam machen“, sagte David Schuster vom Bündnis Zwangsräumung verhindern vor drei Tagen.

Zwangsräumung von Rosemarie Fliess mit Polizeieinsatz, Berlin 09.04.2013

„Wir sind sehr geschockt über die Vorgehensweise in unserem Land und bitten Sie alle Hebel in Bewegung zu setzen, um endlich einen Ruck durch die Bevölkerung gehen zu lassen“, erklärt die Kälte-Nothilfe nach dem Tod von Rosemarie Fliess in ihrer Pressemitteilung.

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Heute um 18.00 Uhr, Aroser Allee 92, Berlin (Reinickendorf) wird der Trauermarsch beginnen.

Rosemarie Fliess war durch Presseberichte auf das Bündnis Zwangsräumung verhindern aufmerksam geworden und bat dieses um Hilfe. Sie bezieht Rente vom Amt für Grundsicherung. Die Miete wurde direkt vom Amt für Grundsicherung an die wechselnden Eigentümer überwiesen.
Durch Eigentümerwechsel, Krankheit und Krankenhausaufenthalte ist die Miete nicht rechtzeitig gezahlt worden. Dies führte zu Kündigung und zum Räumungstitel.

Rosemarie Fliess war seit einem Wirbelsäulenbruch schwerbehindert. Ihr Arzt attestiert, dass „…der Stress einer Wohnungsräumung der Patientin absolut nicht zumutbar…“ ist.

Noch am 21.02.2013 begleiteten ein Dutzend Aktivisten des Bündnisses Zwangsräumung verhindern Rosemarie Fliess bei einem Besuch des Sozialstadtrats von Reinickendorf, Andreas Höhne (SPD). Dieser sagte eine Übernahme vergangener Mietschulden sowie der zukünftigen Miete zu.
Dies wurde schriftlich durch den Fachbereich Allgemeine Soziale Dienste bestätigt. Der Sozialstadtrat hat dies der Eigentümerin der Wohnung telephonisch mitgeteilt.

Die schriftliche Zusage der Mietübernahme überbrachten Aktivisten umgehend der Eigentümerin. Diese war aber nicht zu einem Gespräch bereit. An ihrer Stelle nahm der Ehemann der Eigentümerin die schriftliche Zusage der Mietübernahme an.
Eine Rücknahme der Kündigung lehnte er trotzdem kategorisch ab, da es einen langen Konflikt mit Rosemarie Fliess gäbe. Allerdings ist seine Frau erst seit 01.08.2012 Eigentümerin der Wohnung.
Weiterhin beschuldigte er das Bezirksamt nicht rechtzeitig gehandelt zu haben und sagte über Rosemarie Fliess „solche Leute sollten im Dschungel wohnen“ oder „sich umbringen“.

UPDATE 13.04.

Trauerkundgebung für Rosemarie Fliess

Am Freitag Abend fand in Berlin-Reinickendorf eine Protest- und Trauerkundgebung für Rosemarie Fliess statt. Rund 350 Menschen waren kurzfristig gekommen, um ihrer Anteilnahme Ausdruck zu verleihen, aber auch deutlich zu sagen, dass es so nicht weiter gehen kann.

Trauerkundgebung für Rosemarie Fliess, 12.04.2013

Die Berliner Polizei sah dies natürlich als Sicherheitsrisiko an. Zuerst war die ganze Strasse weiträumig abgesperrt, später konnten die Trauernden dann näher an das Wohnhaus heran, aus welchem die 67-jährige schwerbehinderte Rentnerin Rosemarie Fliess am Dienstag zwangsgeräumt wurde.
Es wurden Blumen und Kerzen vor dem Haus niedergelegt.

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