Sozialdemokratischer Opportunismus oder linke Opposition?

"Antisemitismus"-Beschluss der LINKEN ist die erste Weichenstellung für Rot-Rot-Grün

- von Presseticker  -

L inksjugend ['solid] Hamburg - Im Beschluss der Bundestagsfraktion der Partei DIE LINKE „Entschieden gegen Antisemitismus“ vom 8. Juni 2011 geht es im Kern nicht um Antisemitismus, Rechtsextremismus, den Nahostkonflikt, Israel oder Palästina.

Es geht um die Beteiligung der LINKEN an der politischen Macht im Staate, um Karrieren, Geld und Reputation. Personen wie Stefan Liebich sind die Inhalte der LINKEN nur Mittel zum Zweck: für eine Koalition mit der SPD und den Grünen befürwortet er z.B. Kriegseinsätze der Bundeswehr und Deutschlands Verbleib in der NATO.

Den Boykott israelischer Waren – aus den bis heute besetzten Gebieten – die Ein-Staaten-Lösung oder die Beteiligung an der Neuauflage der Free-Gaza-Flottille als „antisemitisch“ oder „rechtsextrem“ zu denunzieren, sind Mittel, um

1. DIE LINKE auf die deutsche Staatsräson einzuschwören, wie sie Gregor Gysi in seiner einschlägigen Rede zum 60. Jahrestag der Gründung Israels formuliert hat, um

2. die Linken in der LINKEN zu stigmatisieren, sie einer öffentlichen Hetzjagd auszuliefern und sie letztlich loszuwerden oder zum Schweigen zu bringen, und um

3. DIE LINKE dadurch regierungsfähig zu machen. Das ist ein offenes Geheimnis.

In Deutschland ist es mittlerweile üblich, den Vorwurf des “Antisemitismus” – insbesondere gegen Linke – als Herrschaftsinstrument zu missbrauchen, ihn inflationär anzuwenden und dadurch der Beliebigkeit preiszugeben.

Die alten und neuen Konservativen – von der historischen Schuld und den eigenen Verstrickungen in den Nationalsozialismus vermeintlich geläutert – und die neue Sozialdemokratie benutzen den an den Jüdinnen und Juden verbrochenen Völkermord, um jedwede Opposition gegen die menschenverachtende, rassistische Kriegs- und Besatzungspolitik der israelischen Regierung als illegitim zu denunzieren.

Der staatstragende Philosemitismus in der Bundestagsdebatte zum angeblichen Antisemitismus in der Linkspartei und in der Berichterstattung lässt uns erschaudern, weil er dasselbe instrumentelle Verhältnis zu Jüdinnen und Juden zum Ausdruck bringt, das dem Antisemitismus innewohnt. Der Schoß ist fruchtbar noch.

Entgegen der Wahrnehmung, vor allem CDU/CSU, SPD, FDP und die Grünen griffen auf diese Waffe zurück, wenn sie ihrem Antikommunismus freien Lauf lassen wollen, bedienen sich auch führende Köpfe der LINKEN und Teile des Jugendverbandes aus dem Arsenal der Relativierungen des Antisemitismus, des Rechtsextremismus und des Holocausts.
Sie instrumentalisieren den Antisemitismusvorwurf, um damit Positionen zu diffamieren und zu diskreditieren, die ihren Regierungs- und Karriereambitionen im Wege stehen. Dazu gehören sowohl eine klare Kritik an der Regierungspolitik des israelischen Staates als auch eine eindeutige Positionierung gegen den Kapitalismus und (neo)imperialistische Kriege.

Sind unsere internationalistischen GenossInnen in den USA, in Spanien, Deutschland, Venezuela, Italien, Grossbritannien, Irland, Bolivien, Israel, Frankreich usw. Antisemiten und begehen damit ein Verbrechen, wenn sie den Kauf von Waren boykottieren, die aus den besetzten Gebieten kommen?

Vertreten PalästinenserInnen oder Israelis rechtsextreme Positionen, wenn sie es angesichts der fortschreitenden illegalen Aneignung

Linksjugend [´solid] Hamburg

von palästinensischem Territorium durch den israelischen Siedlungsbau für unrealistisch halten, dass es jemals einen zusammenhängenden funktionierenden palästinensischen Staat geben kann?

Handelten Annette Groth, Norman Paech, Inge Höger oder die Holocaust-Überlebende Hedy Epstein antisemitisch, wenn sie sich an der diesjährigen Free-Gaza-Flottille beteiligten?

Offensichtlich sehen die VertreterInnen des ‘Forum Demokratischer Sozialismus’ (fds), der ‘Emanzipatorischen Linken’ (EmaLi) und ihre MitstreiterInnen in der Bundestagsfraktion der LINKEN das so.

Ihre Namen kann man regelmäßig in der Presse lesen, wenn sie in der Öffentlichkeit auf die Parteilinke eindreschen – weil sie es können und weil sie es müssen, wenn sie bis 2013 ihren rot-rot-grünen Traum wahr machen wollen.
Wir teilen diesen Traum nicht.
Von uns aus können die Damen und Herren Abgeordneten, die dies im Rahmen der Fraktionsdebatte androhten, sehr gern zur SPD gehen, wenn sie meinen, dass sie unter den KriegstreiberInnen, den Hartz-IV-BefürworterInnen und den Sarrazins besser aufgehoben sind.

Auch Gregor Gysis Rücktrittsangebot sollte man annehmen, falls es soweit kommt, dass er die Vertrauensfrage stellt und damit forciert, dass DIE LINKE fortan Linke inner- und ausserhalb der eigenen Reihen, die für eine nonkonformistische, unabhängige und internationalistische Friedens-und Aussenpolitik eintreten, als Antisemiten und Rechtsextreme brandmarkt.

Der Beschluss der Bundestagsfraktion ist eine Kapitulation vor den Regierungsambitionen der Parteirechten – nach der Sudan-Abstimmung und der üblichen Realpolitik in Berlin und Brandenburg der erste gravierende Schritt auf dem Wege, die deutsche Staatsräson zur Matrix der LINKEN zu machen.

Für uns ist damit ein Punkt erreicht, an dem das Projekt DIE LINKE selbst zur Disposition gestellt worden ist. Wir, für unseren Teil, werden die Beschlüsse des Partei- und Fraktionsvorstandes nicht akzeptieren.
Wir wollen linke Opposition, nicht sozialdemokratischen Opportunismus.

Schlagwörter # , ,

Rote Fahne bezahlen