Das Problem der Linkspartei: Kein glaubwürdiges Politikangebot

Auf der im weitesten Sinne linken Seite des gesellschaftlichen Spektrums wächst derweil mit der Piratenpartei eine neue Formation heran, deren zunehmender Erfolg uns Hinweis auf die Defizite des sich selbst als traditionell links definierenden Lagers geben sollte

- von Stephan Steins  -

S icher, schaut man sich die verschiedenen Materialien der SED/PDS/Linke an, finden sich dort eine Reihe oft sinnvoller Themen nebst Forderungen; Mindestlohn, Hartz IV, Atomenergie und Totalüberwachung, mithin soziale Gerechtigkeit, Ökologie und Demokratie bilden durchaus eine politische Agenda.

Allein, warum gelingt es der Linkspartei nicht, mit diesen Themen zu punkten, ihre gesellschaftliche Basis und Akzeptanz nachhaltig zu erhöhen und das mögliche Wählerpotenzial von bundesweit 20 Prozent (laut unterschiedlichster Analysten) zu erreichen?

1. SED-Erbe

Die Linkspartei will ihre Rezeption durch die Gesellschaft nicht wahrhaben und wiederholt unablässig ihr Mantra, dass sie sich von Stalinismus und “Realsozialismus”, von ihrer SED-Vergangenheit verabschiedet habe. Zweimal nach 1989 hat sie sich bereits umbenannt.
In der Alt-BRD zumindest kommt diese Botschaft in der Breite der Gesellschaft jedoch nur eher schleppend an. Und die Partei selbst trägt regelmäßig ihr Übriges dazu bei (bspw. Umgang mit kritischer Presse, auch innerparteiliche Demokratie-Defizite etc.), den Anspruch an eine Identität des „demokratischen Sozialismus“, an eine moderne sozialistische Partei zu konterkarieren.

Allein schon der Umstand, dass sich die sog. Linkspartei bis heute lediglich ganz allgemein verbal – nicht jedoch konkret in Taten und materiell – bei den Sozialisten/Kommunisten unter ihren Opfern entschuldigt und für Ausgleich gesorgt hat, entlarvt ihre diesbezüglichen Äusserungen als reine Phrasen und zerstört somit jegliche Glaubwürdigkeit.
Die Rote Fahne gehört neben Anderen zu diesen Opfern.

2. Lafontaine-Partei und SED/PDS sind zwei verschiedene Produkte

Anfang des vergangenen Jahrzehnts rutschte die PDS auf bundesweit 4 Prozent ab. Grund hierfür war, dass sich die Identität der Partei als dezidierte Vertreterin von “Ost-Interessen” abgenutzt hatte. Denn mittlerweile wollten die Menschen im Osten selbst nicht mehr als “bemitleidenswerte Ostler” angesehen werden. Ein darauf ausgerichtetes Marketing lief also zunehmend ins Leere.

In dieser veränderten Situation musste das Überleben der Partei im Westen der Republik gesichert werden. So kam der ehemalige SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine, DER Hoffnungsträger in Sachen sozialer Gerechtigkeit, ins Spiel.

Als “Lafontaine-Partei” konnte die SED/PDS/Linke nun bundesweit bemerkenswerte Wahlergebnisse einfahren. Sie profitierte von der äusserst positiv besetzten und starken Corporate Identity Oskar Lafontaines, die über Jahrzehnte durch den Mainstream aufgebaut worden war, nunmehr jedoch der anderen Seite der Barrikade zu Diensten sein konnte.

Diesen Zusammenhang hat die Partei dem Wesen nach jedoch nicht vollumfänglich verstanden. Was ursprünglich eine geniale wie erfolgreiche Marketing-Strategie war, wird heute von weiten Teilen der Partei nicht als solche identifiziert. Stattdessen glauben viele Parteimitglieder fälschlicher Weise, die Erfolge unter Oskar Lafontaine seien das Ergebnis substanzieller Strategie und Politik gewesen, die über den Moment hinaus Tragfähigkeit aufweisen. Sie sind Opfer ihres eigenen Marketings und Propaganda geworden.

Die eigentlichen Probleme wurden, auf der Welle des Erfolgs schwimmend, somit überlagert – und treten nun, da Oskar Lafontaine unvorhergesehen gesundheitsbedingt aus der bundesweiten Politik ausscheiden musste, wieder zunehmend zu Tage.
Weder hat man einen Plan B in der Schublade, noch nutzte man die Zeit, die akkumulierten Probleme grundlegend und nachhaltig, offen und offensiv anzugehen.

3. Parteineugründung

Um Oskar Lafontaine in die Partei holen zu können, wurde 2005/06 die Parteineugründung zur DIE LINKE inszeniert. Dabei wurde eine historische Chance fataler Weise verspielt – und ein weiterer Grundstein für die heutigen Probleme gelegt.
Statt unter breiter gesellschaftlicher Beteiligung eine wirklich neue sozialistische Partei zu gründen und somit Substanz aufzubauen und sich nebenbei auch noch der SED-Altlasten - glaubwürdig - zu entledigen, vollzog man mit Teilen des gewerkschaftlichen Funktionärskaders der WASG – der Grossteil der WASG ging diesen Schritt nicht mit – nur eine “Fusion”.
siehe hierzu:
→ Die Akte Bodo Ramelow: Tätig in wessen Auftrag?
→ Die Rote Fahne ruft Beirat zum Parteibildungsprozess an

Man setzte bewusst auf einen zentral kontrollierbaren, lenkbaren Prozess zur schnellen Nutzung des “Lafontaine-Effekts” – also den leichten Weg – anstatt die Weichen dafür zu stellen, durch eine tatsächlich qualitative Neuaufstellung in Deutschland Geschichte schreiben zu können.
Durch dieses Fusions-Projekt und die fragwürdige Art und Weise seines Zustandekommens verspielten die Poststalinisten einmal mehr jeden Kredit insbesondere auch unter dem intellektuellen Potenzial im Lande.

4. Medien und Kommunikation

Aktuell hören wir aus der Linkspartei mal wieder das beliebte Klagelied von der bösen Mainstream-Presse, die angeblich zu wenig über die Positionen der Partei berichtet.
Also mir ist keine kleine, oppositionelle Partei in der Geschichte der Bundesrepublik bekannt, die sich derart der Aufmerksamkeit, durchaus auch der positiven Berichterstattung oder zumindest der Möglichkeit der Selbstdarstellung, durch den herrschenden Mainstream erfreut, wie die SED/PDS/Linke. Die “Grünen” bspw. hatten es, bevor sie ins Lager der imperialen Rechten (= Kartell der bürgerlichen Parteien pro imperiale NATO/USA/EU) wechselten, da deutlich schwerer.

Bereits ab Herbst 1989 wurde – der bis dahin weitgehend unbekannte – Gregor Gysi medial konsequent als Hoffnungsträger der Seinen aufgebaut. Und bis heute vergeht kaum eine Woche, in welcher nicht Repräsentanten der sog. Linkspartei bis aus dem dritten Glied in irgendeiner TV-Talkshow auftauchen.

Wer wirklich etwas über Zensur, über politische, mediale und soziale Repression erfahren möchte, der möge mal einen Plausch mit Aktivisten der sozialistischen Presse halten. Vielleicht stellt sich dann wieder etwas mehr Realitätssinn ein.

Der Punkt ist ein anderer und (Stammleser werden es wissen) ich rede (schreibe) mir seit 20 Jahren zum Thema Medien und Kommunikation den Mund fusselig.
Die Linkspartei verfügt über zwei von ihr direkt oder indirekt finanzierte grosse Pressetitel, das Neue Deutschland und die junge Welt. Erstere ist eine Mitglieder-Zeitung, Zweitere ein Szene-Blatt mit stalinistischen bzw. “realsozialistischen” Untertönen.
Beide Medien stammen aus der Tradition des Stalinismus und “Realsozialismus”. Allein schon dieser Umstand macht sie für eine breite Leserschaft so attraktiv wie vererbte Trapper-Socken.

Zum Vergleich: Man stelle sich vor, die Partei würde auf dem Wahlzettel noch unter SED antreten, statt DIE LINKE. Wer würde da noch sein Kreuz machen wollen?
Das Problem wurde also prinzipiell durchaus erkannt – allerdings nicht auch auf den Medienbereich übertragen.

Im übrigen hat die sozialistische Presse in Deutschland, die Zeitung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs und der antifaschistischen Tradition, seit 1918 einen Namen, den jeder kennt.

Über die eigene Sozialisation hinaus verfügt die SED/PDS/Linke bzw. sog. Linkspartei ergo über keinerlei Medienmacht aus eigener Kraft.
Es ist hingegen historisch kein Fall überliefert, bei welchem der Herrschaftsapparat die Opposition durch mediale und gesellschaftliche Unterstützung derart gestärkt und in die Lage versetzt hätte, den eigenen Sturz herbei zu führen.

Der Mainstream unterstützt die SED/PDS/Linke immer nur soweit, wie es ihm in der jeweiligen Situation von Nutzen ist.
Übertragen auf die aktuelle Situation im Lande: Solange es der imperialen Rechten gelingt, oppositionelles Potenzial bspw. durch die “Grünen” aufzufangen, bspw. weil gerade ein Atomkraftwerk explodiert ist, benötigt sie die sog. Linkspartei nicht für diese Herausforderung.
Und genau dann schnappt die Falle zu und die Partei sieht sich schmerzlich mit der Tatsache konfrontiert, dass sie auf Gedeih und Verderben dem System und seinen imperialen NATO-treuen Medien ausgeliefert ist.

5. Realpolitik heute

Zu den grundsätzlichen historischen und strukturellen Problemen gesellt sich natürlich auch die Frage nach aktueller Politik. Was hat diese Partei den Menschen im Lande eigentlich zu sagen und zu bieten?

Auch dazu hören wir dieser Tage aus der Partei von unterschiedlichen Seiten Erstaunliches; Es dürfe jetzt, trotz oder gerade angesichts der aktuellen Probleme, keine „Radikalisierung“ erfolgen. Es gelte weiterhin den eingeschlagenen Kurs fortzuführen, dieser bedürfe nur der besseren Vermittlung.

Übersetzen wir das mal auf Deutsch, so wie es die Menschen im Lande verstehen: Wir sind mit unserem Latein am Ende und wissen nicht, was zu tun ist. Auf die Herausforderungen der Zeit kennen wir keine Antworten.

Ringsum in Europa erringen gerade radikalisierte Parteien mit betont nationalem Profil (unterschiedlicher Strömungen) Wahlerfolg auf Wahlerfolg.
Und zwar bemerkenswerter Weise vor allem auch mit traditionell linken Themen: Antiimperialismus, nationale Souveränität und kulturelles Selbstbestimmungsrecht, Kapitalismuskritik (zumindest auf imperialer Ebene), Demokratie versus EU-Zentralismus, Bürgerrechte und soziale Gerechtigkeit und dergleichen mehr (etwas anderes ist es, ob diese Parteien das Postulierte auch umzusetzen gedenken).

Dass diese Entwicklung bislang nicht auch in Deutschland angekommen ist, zumindest nicht erfolgreich, ist nicht zuletzt der besonderen deutschen historischen Situation geschuldet. Allerdings dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sich eine entsprechende Strömung auch hierzulande erfolgreich Bahn bricht.
Einen ersten Ansatz erlebte die Republik ja bereits im Jahre 2003 mit der FDP unter Jürgen Möllemann,

Stephan Steins, Herausgeber Die Rote Fahne

Stephan Steins, Herausgeber Die Rote Fahne

der dann jedoch, nach demagogischen Antisemitismus-Vorwürfen, unter ungeklärten Umständen beim Fallschirmspringen zu Tode kam.

Auf der im weitesten Sinne linken Seite des gesellschaftlichen Spektrums wächst derweil mit der Piratenpartei eine neue Formation heran, deren zunehmender Erfolg uns Hinweis auf die Defizite des sich selbst als traditionell links definierenden Lagers geben sollte.
Eine Botschaft allerdings, die unter der Pseudolinken ungehört bleiben dürfte.

Der Punkt für die Linke (allgemein), nicht nur in Deutschland, ist, dass Radikalisierung nachweislich kein Argument gegen Erfolg versprechende Politik ist. Das Gegenteil ist der Fall.

Das Problem liegt auch hier woanders: Es mangelt der Linken (allgemein), bis auf wenige Ausnahmen, an einer schlüssigen Rezeption der Realität, namentlich der internationalen, imperialen Entwicklung und an fundierter, eigenständiger, sozialistischer Kritik.
siehe hierzu:
→ Imperiale Mythen und die Erneuerung sozialistischer Politik

Schlimmer noch: Gemeinsam mit den herrschenden Parteien, dem Kartell der imperialen Rechten, verteidigt die SED/PDS/Linke das System gegen jegliche radikale Kritik.

Nun muss man sich nicht mit Parteien der nationalen Rechten gemein machen – warum aber auf der anderen Seite mit jenen der imperialen Rechten?
Wieso mit Parteien wie der SPD und den “Grünen” kollaborieren, die für die imperiale NATO-Entwicklung, Kriege, Hartz IV und andere Verbrechen mit verantwortlich zeichnen? Welche Glaubwürdigkeit erhofft man so zu erlangen? Und bei wem?

Die zentrale Herausforderung für Sozialisten besteht darin, den in Deutschland und Europa real existierenden Diskurs aufzunehmen und eigenständige Antworten auf die Herausforderungen der Zeit zu formulieren.
Aber genau dies leistet die Linkspartei nicht und will sie offenbar auch gar nicht leisten.

Vielmehr glänzt sie durch beharrliches Schweigen, durch Diskurs-Verweigerung, durch Orientierungs- und Ratlosigkeit.
Und weil ihr in dieser Situation nichts Besseres einfällt, hofft sie des Samstags nachmittags mit vermeintlichen Antifa-Kundgebungen (gemeinsam mit der imperialen Rechten!) in der Fussgängerzone punkten zu können, vollends an der internationalen – imperialen – Entwicklung vorbei.

Dass sich die sog. Linkspartei dem gesellschaftlichen Diskurs hartnäckig verweigert und stattdessen vorzugsweise im eigenen Saft schmort, hat wiederum Auswirkungen auch auf die Glaubwürdigkeit in politischen Alltagsfragen.
Bspw. ist es wenig überzeugend, wenn angesichts der Öffnung der Grenzen für Billiglohnarbeiter aus Osteuropa zwar richtigerweise ein gesetzlicher Mindestlohn gefordert wird – jedoch das eigentliche Problem, der Verlust nationaler Souveränitätsrechte zugunsten des undemokratischen EU-Zentralismus und der Diktatur der imperialen Oligarchie, allenfalls als Randnotiz Beachtung findet.

Der Wähler sieht das. Und der kritische Teil der Wählerschaft zieht sich, derzeit noch, ins Lager der Nichtwähler zurück.

Des Weiteren ist die Gesellschaft auf eine zweite SPD so scharf wie auf die Zeitung von vorgestern.
Die Bürger sehen die Regierungsbeteiligung der sog. Linkspartei im Bundesland Berlin und bilanzieren, dass sich auch nach Jahren an den katastrophalen Lebenssituationen der Opfer des Kapitalismus rein gar nichts zum Positiven geändert – noch für die sozialistische Opposition im Lande irgendein strategischer Vorteil entwickelt hat.

Im Gegenteil werden lediglich Jahr für Jahr Millionen in die Existenzsicherungen der Funktionäre des politischen Apparats der Partei versenkt und das wichtigste politische Ergebnis nach 10 Jahren Regierungsbeteiligung sind explodierende Mieten und ein Mangel an bezahlbarem Wohnraum – mit desaströsen sozialen, existenzbedro-henden Folgen für die Menschen in der Hauptstadt.

Die Partei DIE LINKE muss sich der schonungslosen Kritik stellen. Sie muss lernen, mit solcher Kritik umzugehen und diese produktiv nutzbar zu machen.
Reagiert sie heute einmal mehr wie in den vergangenen 65 Jahren, sektiererisch, ignorant, unfähig zum Diskurs über die eigene Sozialisation hinaus, wird die Partei zwar irgendwie als “linker” Flügel der Sozialdemokratie überleben können – jedoch historisch im 21. Jahrhundert keine bedeutende Rolle mehr spielen.

 

ERGÄNZUNG:

In Diskussionen zu obigem Artikel wurde ich bezüglich des Punktes Radikalisierung u.a. wie folgt befragt:

„Warum funktioniert Radikalisierung bei den “Wahren Finnen” z.B., aber nicht bei Gruppen die einen “Revolutionären 1. Mai” propagieren oder mit ähnlichen klassenkämpferischen Positionen an die Öffentlichkeit treten?“

Dazu ergänzende Erläuterungen:

Radikalisierung für sich ist kein Erfolgsrezept, solange diese nicht auf bestimmten Voraussetzungen gründet.

Das Bewusstsein für klassenkämpferische, sozialistische Positionen bis hin zur Weltrevolution ist in der Bevölkerung bzw. Arbeiterklasse nicht vorhanden (und die Begriffe zudem aufgrund der jüngeren Geschichte auch noch negativ besetzt).
Ein solches Bewusstsein zu schaffen ist eine längerwierige Aufgabe, die komplexe gesellschaftliche Prozesse kollektiver Erfahrungen voraussetzt.

Um solche Prozesse in Gang setzen zu können, gilt es erst einmal, eine gesellschaftliche Situation und Verhältnisse (Kampfsituationen) zu schaffen, Schritt für Schritt, in denen sich Individuen ihres kollektiven Potenzials bewusst werden und in denen es Sozialisten und ihrer Aufklärungsarbeit möglich ist, die herrschende Hegemonie zu brechen und den Ereignishorizont der Masse zu erreichen. Letzteres unter den heutigen Bedingungen der modernen Mediengesellschaft.

Radikalisierung in der Alltagspolitik funktioniert vorzugsweise dann, wenn sie an jenen Problemen und angestauten Emotionen andockt, die bereits virulent in der Gesellschaft vorhanden sind bzw. als solche subjektiv reflektiert werden.

Es kommt also auf die Auswahl wirksamer Themen an, mit denen die Leute etwas anfangen können, in deren Kontext sie sich überhaupt politisieren lassen.

Für das Kommunikationsprodukt “Weltrevolution am 1. Mai” bspw. gibt es in Deutschland derzeit keine Abnehmer – entsprechende Mobilisierungen verkommen daher zum politisch folgenlosen Ritual – nicht zuletzt auch deshalb, weil jene, die solche Losungen in die Öffentlichkeit tragen, keinerlei gesellschaftliches Vertrauen erfahren und aufgrund ihres identitätsstiftenden Sektierertums auch nicht in der Lage sind, solches aufzubauen.

Anders hingegen könnte es aussehen mit Kritik und Angriff auf die Institution der Systemgewerkschaften des DGB. Denn dieses Problem ist als solches in einem wachsenden Teil der Gesellschaft präsent. Hier liesse sich etwas Konkretes mit ungeheurer Breitenwirkung entfachen – ganz im Gegensatz zu den üblichen Bildern, die wir routinemäßig auch dieses Jahr wieder für den 1. Mai erwarten dürfen.

Jedes grosse, gut sichtbare Transparent auf einer 1. Mai-Kundgebung des DGB mit der Aufschrift - Schluss mit den System-Gewerkschaften, Schluss mit der Einheits-Gewerkschaft! Für eine neue sozialistische Gewerkschaft! - würde weit mehr gesellschaftliche und mediale Resonanz erzeugen und die Herrschenden in Schockstarre versetzen, als zehn brennende Barrikaden in Berliner Kiezen.

Aber auch das alles bliebe auf lange Sicht wirkungslos, solange entsprechende Politik nicht durch Individuen oder eine Gruppe repräsentiert würde, die in der Breite der Gesellschaft als überzeugend kompetent wahr genommen wird. Denn die Masse wählt letztendlich Personen, denen sie ihr Vertrauen schenkt – und nicht aufgrund komplexer, detaillierter Programme, die in erster Linie für intellektuelle Multiplikatoren von Bedeutung sind.

Es kommt also nicht allein darauf an, vom philosophischen Standpunkt aus objektiv Recht zu haben und die reine Lehre und Wahrheit verkünden zu können, als vielmehr die “Kunst der Politik” und deren mediale Kommunikation zu beherrschen.
Jedenfalls sofern man beabsichtigt gesellschaftliche Mehrheiten zu erreichen.

DEBATTE & HINTERGRUNDINFORMATIONEN

→ DOSSIER: Linkspartei

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