Rechts rückt auf – Die Rechte sucht nach neuer Identität

Es existiert keine Linke, welche in der Lage ist, in sozialistischer Opposition zur imperialen Entwicklung ein überzeugendes Politikangebot zu unterbreiten.

- von Stephan Steins  -

W ährend weite Teile der subjektiven Linken derzeit vor allem damit beschäftigt sind, ein zweites mal zu versuchen – diesmal eher operettenhaft – die Machtergreifung Adolf Hitlers abzuwenden, und ihre Interpretationen der realen historischen und aktuellen internationalen Entwicklung in Einklang mit in die Jahre gekommenen politischen Programmen zu setzen, vollziehen sich im rechten Lager, derzeit noch eher hinter den Kulissen, gravierende neue Orientierungen.

Diese Entwicklung verwundert aus zwei Gründen nicht: Zum einen folgt sie lediglich dem bereits in anderen europäischen Ländern zu beobachtenden Trend einer massiven Rechtsentwicklung.

Zum zweiten – und hierin liegt der eigentliche Grund – speist sich die Stärke der Rechten stets aus der Schwäche der Linken (allgemein, nicht nur bezogen auf die sich so nennende Partei).

Bereits seit den 90er Jahren hat Die Rote Fahne immer wieder dafür gewirkt, dass die sozialistische Linke ihre Hausaufgaben macht und die Organisationsfrage klärt. So heisst es bspw. im Berliner Manifest (1992):

„Der Kampf um soziale und demokratische Rechte und deren Verteidigung und für eine sozialistische Gesellschaftsordnung macht erst dann Sinn und wird erst dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn wir Kommunisten / Sozialisten die Organisationsfrage auf gesamtdeutscher Ebene geklärt haben werden.

Dies ist heute DIE Gewissensfrage an jede(n) einzelne(n) Genossen und Genossin, genau hiervon hängt ab, welche historische Bedeutung eine neue Linke künftig erlangen wird.“ [1]

Und u.a. im September 2009 schrieb ich in der Roten Fahne:

„In dieses gesellschaftliche Vakuum hinein strömen nun völlig neue Kräfte. Eine Entwicklung, die nicht überrascht und welche wir bereits in den 90er Jahren voraus gesagt haben für den Fall, dass sich die sozialistische Linke nicht zu organisatorischer Einheit zusammenfindet, entsprechende politische Handlungsfähigkeit erlangt und ein glaubwürdiges Angebot an die Gesellschaft zur aktiven Partizipation formuliert und unterbreitet.

Dabei sind jene Regungen, die wir momentan beobachten, lediglich Vorboten einer Entwicklung, welche uns im kommenden Jahrzehnt noch weit stärker beschäftigen wird.“ [2]

Die sich in Deutschland und international in den vergangenen Monaten und Jahren rasant zuspitzenden demokratischen, sozialen und kulturellen Probleme, die daraus resultierenden Ängste und Nöte der Menschen, werden heute durch keine sozialistische Partei reflektiert. Es existiert keine Linke, welche in der Lage ist, in sozialistischer Opposition zur imperialen Entwicklung ein überzeugendes Politikangebot zu unterbreiten.

Weite Teile der subjektiven Linken fallen gar auf die imperiale Propaganda herein, dass die antiimperiale Verteidigung des republikanischen Nationalstaates gegen die imperiale Diktatur gleichzusetzen wäre mit rechtsnationaler Ideologie. Die Folge dessen ist Konfusion und Orientierungslosigkeit innerhalb der Linken.

Und so wenden sich immer mehr Menschen jenen – nicht sozialistischen – Kräften zu, die den Antiimperialismus neu für sich entdeckt haben – oder dies zumindest vorgeben.

Dass die sozialdemokratische SED/PDS/Linke nicht jene Partei verkörpert, die gewillt ist die historische Herausforderung aus sozialistischer Position anzunehmen, darauf wurde bereits ausführlich hingewiesen. [3] [4]

Unter den Opfern der imperialen, kapitalistischen Verhältnisse gärt es zunehmend. Wir steuern in Deutschland und Europa auf eine Situation zu, die tiefgreifende Paradigmenwechsel im normativen politischen Gefüge hervorrufen wird, eine Zeitenwende, wie eine solche sich ein, vielleicht zweimal in einem Centennium Bahn bricht.

Aber von einer organisierten sozialistischen Linken, die auf das Kommende angemessen vorbereitet und entsprechend Positioniert wäre, ist weit und breit nichts zu sehen. Und wer glaubt, dass die nahenden Umbrüche quasi schon Kraft der kapitalistischen Widersprüche revolutionären Charakter annähmen, im Sinne einer sozialistischen Revolution, der irrt gewaltig.

Im Fernsehsender n-tv traf gestern der Alt-68er Hans-Christian Ströbele (Bundestagsabgeordneter der Grünen) auf die türkischstämmige Sozialwissenschaftlerin und Frauenrechtlerin Necla Kelek, die an Ströbele und sein politisches Umfeld appellierte, sich mit den jüngsten Thesen Thilo Sarrazins in der Sache auseinander zu setzen, statt lächerliche und auch der Breite der Gesellschaft leicht durchschaubare Ablenkungsdebatten zu führen.

Hier wurde, exemplarisch an der Person Ströbele, einmal mehr deutlich, dass eine ganze Generation politischer Funktionäre der herrschenden Verhältnisse “fertig hat”. Ströbele erinnerte an den, gegen Ende dessen Regentschaft, der Realität bereits weit entrückten Erich Honecker.

Hätte Ströbele noch den Satz von sich gegeben „Multi-Kulti in seinem Lauf, hält weder Ochs noch Esel auf“, so hätte dies niemanden mehr unter den Zuschauern verwundert.

Keine organisierte sozialistische Linke. Keine kollektive sozialistische Kritik. Und selbstverständlich wartet die Geschichte nicht, bis sich eine rationale Alternative zum Subjekt konstituiert hat.

In dieser Situation schlägt die historische Stunde der Rechten. Thilo Sarrazin ist ein politischer und monetärer Funktionär der imperialen Rechten (= die bürgerlichen Parteien der NATO/Imperium). Seine sozialpolitischen Einlassungen der vergangenen Jahre sind alles andere als emanzipatorisch, Sarrazin redete stets einem aggressiven Kapitalismus und einer Förderung der “Eliten” das Wort.

Aber er und andere Strömungen der Rechten haben die Vakanz im gesellschaftlichen Spektrum erkannt und sie stellen sich zunehmend darauf ein. Sie sind es heute, die sich verstärkt den Lohnabhängigen und breiten bürgerlichen Schichten zuwenden, den Leuten zuhören, ihren wachsenden Unmut aufgreifen und zu kanalisieren versuchen.

Der linksliberale Philosoph und Publizist Prof. Johannes Heinrichs wird in Medien aktuell mit folgender Äusserung zitiert:

„Thilo Sarrazin untermauert mit seiner ökonomischen Kompetenz, was im Kern ein Kulturproblem ist und was seine Partei, zusammen mit den Grünen, unter schwammigem Multikulti-Gerede verdrängt hat, was aber auch die wirtschaftsorientierten Parteien nicht auf den Punkt brachten: Es gibt seit der Festigung der politischen Grenzen ein »jus culturae«, ein Recht der gewachsenen Kulturen, ihre Identität zu verteidigen, somit also einer klaren Erwartungshaltung an die Migranten.

Was ich selbst 1994 in ‚Gastfreundschaft der Kulturen‘ ausgeführt habe, ohne Gehör zu finden. Die damals von Intellektuellen viel beschworene Alternative ‚Recht des Blutes‘ oder ‚Recht des Bodens der Geburt‘ war falsch, weil kulturblind. Nur bei klarem kulturellem (nicht bloß ökonomischem!) Integrationswillen der Migranten ist zu vermeiden, dass wir uns in wenigen Jahrzehnten als Minderheit im eigenen Land fühlen.

Die Unterscheidung von Integration und Assimilation ist heuchlerische Haarspalterei. Dass es nach der chauvinistischen Erdogan-Rede von 2008, in der er die türkischen Einwanderer aufrief, Türken zu bleiben, keine eindeutige Stellungnahme unserer Bundesregierung und einen allgemeinen Aufschrei gab, zeigt nur, wie weit unser Land geistig-kulturell erpresst und heruntergewirtschaftet ist.“

Der real existierenden breiten gesellschaftlichen Debatte weicht die subjektive Linke aus und rezitiert stattdessen aus Konzepten und Dogmen der 1970er Jahre und geht fortgesetzt und zielsicher einer imperialen Strategie nach der anderen auf den Leim.

Bezüglich der Entwicklung der nationalen Rechten gilt es genau hinzusehen und im Wesentlichen drei divergierende Hauptströmungen zu differenzieren – einer nationalistischen, einer (noch) diffusen Mischform und dem imperialen Gegenentwurf.

Letztere Strömung ist im Gegensatz zu den beiden erstgenannten der Versuch der imperialen Rechten, das Erstarken des rechtsnationalen – und antiimperialen – Lagers durch eine Gegenstrategie zu kontern. Ähnlich wie dies die imperiale Rechte auf der linken Seite bereits durch Assimilation der SED/PDS/Linke vollbracht hat.

Die klassische nationalistische Rechte wird heute durch die NPD verkörpert, der es in den vergangenen Jahren gelungen ist, sich in diesem Spektrum als Führungskraft und Kulminationspunkt durchzusetzen. Manche politische Beobachter gehen davon aus, dass ihr dies nur durch Unterstützung der imperialen Geheimdienste gelungen sei. Das ist Spekulation und Spekulation ist meine Sache nicht.

Was sicher zu beobachten ist, dass die NPD versucht, zwei klassische sozialistische Themenfelder zu besetzen: den Antiimperialismus und die soziale Frage. Ja sogar in Fragen der Demokratie ist die NPD heute bestrebt, bspw. gegenüber der SED/PDS/Linken zu punkten. Und letztere macht es ihr mitunter nicht nur in diesem Punkt allzu leicht.

Freilich ist die Antwort der NPD auf die Herausforderungen der Zeit lediglich jene der kapitalistischen „Volksgemeinschaft“, ähnlich der durch die imperiale Rechte propagierten Konzeption der „Sozialpartnerschaft“. Im Unterschied aber zu verschiedenen anderen rechten Strömungen unterscheidet sich die NPD durch Betonung national-sozialer Positionen, bzw. dessen, was sie darunter versteht.

In der NPD und ihrem Umfeld tummeln sich auch Alt- und Neonazis. Ein grober Fehler wäre es allerdings, die gesamte Partei als Nachfolgeorganisation der NSDAP charakterisieren zu wollen – das ist sie ebensowenig, wie die SED/PDS/Linke nicht, aufgrund der Alt- und Poststalinisten in ihren Reihen, als Wiederkehr des “Stählernen” gelten kann.

Für die imperiale Rechte ist die NPD insofern von herausragender Bedeutung, weil ihr diese als ideale Projektionsfläche im Propaganda-Krieg dient. Das hierbei zur Anwendung kommende demagogische Muster skizziert den antiimperialen Widerstand als originäre Position der Rechtsnationalen.

Und damit diese Desinformation auch wirklich funktioniert, steht die SED/PDS/Linke der imperialen Propaganda helfend zur Seite, indem sie erstens die imperiale Entwicklung negiert und zweitens ihren vermeintlichen “Antifaschismus” ausschliesslich und plakativ auf die nationale Rechte fokussiert.

In letzter Konsequenz läuft diese Realitätsinterpretation auf die mythische Gleichung hinaus: Wer den (republikanischen) Nationalstaat gegen die imperiale Diktatur verteidigt, verteidigt auch Auschwitz.

Und so läuft die subjektive Linke am Wochenende in der Fussgängerzone wieder gegen die Machtergreifung Adolf Hitlers auf – nicht jedoch gegen die Parteien des NATO-Ausbaus, der imperialen Kriege, der Folterlager, der fortschreitenden Totalüberwachung und von Hartz IV. Denn mit diesen will man ja koalitionsfähig bleiben. Faschismus macht man hinter jeder Ecke aus – nur nicht dort, wo er tatsächlich droht.

Und der Bürger wundert sich.

Die zweite (grössere) Rechtsströmung ist insofern neu, weil sie sich im Unterschied zu früheren ähnlichen Projekten, wie bspw. den “Republikanern”, nicht lediglich auf Kulturkritik innerhalb des alten kapitalistischen bundesrepublikanischen Systems beschränkt, sondern heute einen als Subjekt fassbaren Gegner hat: Die “Globalisierung”.

Diese Strömung ist derzeit noch auf der Suche nach sich selbst und daher eine präzise Charakterisierung noch nicht möglich. Zudem verschiedene Kräfte, mit teils sehr unterschiedlichen weltanschaulichen und politischen Ansätzen, derzeit bemüht sind, diesen Platz zu besetzen.

Man denke bspw, an die Unterschiede des flämischen “Vlaams Belang” zum Niederländischen Rechtspolitiker Geert Wilders. Während erstere mehrheitlich gegen die Überfremdung Europas polemisieren, macht Wilders ganz grundsätzlich die islamische Religion als Werk des Teufels aus. Während “Vlaams Belang” auch globalisierungskritische Positionen vertritt, liegt der Niederländer weitestgehend auf NATO-Linie und dient sogar Zionisten als Vorbild in der Verteidigung Israels gegen die “islamische Barbarei”.

Die Selbstfindung unter diesen zahlreichen rechten Strömungen gestaltet sich nicht minder komplex, als in der sozialistischen Linken.

Zu diesem Spektrum zwischen rechtskonservativ bis extremistisch rechtsnational gesellt sich ein Novum, das bislang kein traditionelles politisches Raster erkennen lässt.
Als Fürsprecher einer neuen politischen Identität, die sich selbst nicht als rechtsnational definieren möchte, gilt bspw. der Publizist Udo Ulfkotte.

Deutsche Flaggen

Dieser schrieb jüngst in einem Artikel:

„Thilo Sarrazin hat mit seinen angeblich umstrittenen Äußerungen zur Zuwanderung derzeit in allen Umfragen zwischen 67 und mehr als 90 Prozent der Befragten hinter sich.
Es sind Zustimmungswerte, von denen unsere angeblichen Volksvertreter Lichtjahre entfernt sind.
Einige große Konzerne, die wie viele Unternehmen und Bürger mit der Politik der bestehenden Parteien mehr als nur unzufrieden sind, haben das erkannt. Sie haben eine ziemlich große Summe Geld dafür bereitgestellt, dass nun ganz diskret sondiert werden kann, welche renommierten Persönlichkeiten sich zusammenschließen und eine garantiert erfolgreiche neue Partei gründen könnten, die (wie in vielen anderen europäischen Ländern derzeit auch) die etablierten Parteien ziemlich alt aussehen lassen würde. [...]
Völlig unabhängig davon, ob man politisch links, konservativ, oder aber ohne Einstellung ist, erkennen immer mehr Bürger, dass unsere »Volksvertreter« die Demokratie klammheimlich abgeschafft haben. In Stuttgart können beim Schwabenstreich noch so viele Menschen durch die Straßen ziehen, sie werden von der herrschenden Politikerkaste als lästige und störende Bittsteller und Kriminelle betrachtet, die man am liebsten wie in Bananenrepubliken mit Schlagstöcken und Tränengas vertreiben würde. [...]

Kein Zweifel, der Wille der Bevölkerung interessiert in Deutschlands Politetagen niemanden mehr. [...]

Es gibt dabei nach uns vorliegenden Informationen erstaunlicherweise keine Vorgaben, wie eine solche Partei politisch ausgerichtet zu sein hätte. Nur demokratisch und am Grundgesetz orientiert muss sie sein. Die Geldgeber stammen aus verschiedenen politischen Richtungen. Es eint sie die wachsende Unzufriedenheit.

In einem alten ehrwürdigen Gebäude in der Frankfurter Siesmeyerstraße wurden die ersten Gespräche über die mögliche Finanzierung einer neuen Partei geführt. Und dann wurden Namen von Personen gesucht, die politisch nicht korrekt sind, aber die Meinung größerer Teile der Bevölkerung repräsentieren. In den nächsten Wochen sollen nun in aller Ruhe einige dieser Personen angesprochen werden.

Zu den Namen, die in der Frankfurter Siesmeyerstraße erwähnt wurden, zählen neben Thilo Sarrazin, der jetzt aus Sicht der Unternehmer eher unerwartet wieder einmal in die Schlagzeilen geriet, auch die Politiker Friedrich Merz und Hans-Jürgen Irmer, die Wirtschaftsprofessoren Hans-Olaf Henkel, Hans-Werner Sinn, Wilhelm Hankel, der Jurist Karl Albrecht Schachtschneider, der Journalist Roger Köppel und die frühere Tagesschau-Sprecherin Eva Herman.

Insgesamt sollen in nächster Zeit weit mehr als 50 Personen auf ihre grundsätzliche Bereitschaft hin angesprochen werden, beim Aufbau einer neuen politischen Bewegung unterstützend tätig zu werden.“ [5]

Hier wird eine deutlich andere politische Identität, als bspw. durch die NPD oder andere traditionelle Rechtsformationen angestrebt. Während für die NPD, jedenfalls aus ihrer Sicht, die soziale Frage ein zentrales Moment in ihrem Selbstverständnis bildet, ein grundlegender Regimewechsel angestrebt und bspw. das GrundGesetz der Bundesrepublik Deutschland und diesen Staat selbst völkerrechtlich hinterfragt, klingt die Skizzierung Ulfkottes wie der Versuch, Kritik an der imperialen Entwicklung mit einem ihrer Ergebnisse, eben jener BRD, in Einklang zu bringen.

Zu vermuten steht, dass sich der Widerstand gegen die imperiale Entwicklung auf die Wiederherstellung der “guten, alten” BRD beschränkt. Quasi auf die Wiedereinsetzung gewesener Eliten in angestammte Privilegien, bezogen auf jene bürgerlichen Kreise, welche durch die “Globalisierung” deklassiert wurden.

In dieser diffusen Bewegung, von einer dezidierten Strömung kann hier noch keinesfalls die Rede sein, treffen teils naive bürgerliche “Widerständler”, Menschen mit christlichen und bürgerlich-humanistisch geprägten Wurzeln auf gestandene Strategen rechtsnationaler Strömungen.

Es kam uns hier vor allem darauf an, einen kurzen – und keineswegs vollständigen – Abriss der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung zu vermitteln. Viele subjektive Linke verwechseln nämlich das Ausbleiben von Zuspruch zur eigenen Sekte mit der Abwesenheit gesellschaftlicher Bewegung und Widerstands. Und am Ende des Tages wird sich dann darüber gewundert, woher auf einmal gesellschaftliche Umbrüche vermeintlich wie aus dem Nichts auftauchen.

Die Frage die sich Sozialistinnen und Sozialisten heute mehr denn je stellen müssen ist, ob sie weiterhin sehenden Auges der imperialen Rechtsentwicklung, als auch deren rechtsnationaler Replik tatenlos zusehen oder aber den Weg in die neue sozialistische Partei mitgehen wollen.

Die hollywoodreifen “Anti-Nazi”-Kundgebungen Samstag Nachmittags in der Fussgängerzone – und dann wohlmöglich noch gemeinsam mit Parteien der imperialen Rechten – haben jedenfalls nichts mit einer angemessenen Rezeption der aktuellen Entwicklung zu tun. Diese bilden vielmehr lediglich eine willfährige Kulisse in der imperialen Inszenierung und Desinformation.

Gerade im Schatten dieser mangelnden Kritik gegenüber dem Hauptgegner, dem globalen Kapitalismus und der imperialen Oligarchie, vermag die nationalistische Rechte zu gedeihen. Und je weiter diese Entwicklung voran schreitet, desto schlechter wird für die sozialistische Linke die weitere Ausgangslage.

Denn auf was wir zusteuern, in Deutschland, in Europa, ist eine finale Konfrontation zwischen Nationalstaat und Imperium. Ob dieser Nationalstaat dann ein republikanischer oder aber ein totalitärer sein wird, hängt im Wesentlichen von der Kraft einer organisierten sozialistischen Linken ab.

Unser Weg liegt jenseits der nationalen Rechten und der imperialen Rechten. Sorgen wir dafür, dass diese beiden Lager die weitere Geschichte nicht allein unter sich austragen.

Kurz zu erwähnen ist noch die dritte maßgebliche Strömung in der Rechten. Dabei handelt es sich allerdings lediglich um eine Art Placebo, in Szene gesetzt durch die imperiale Rechte selbst. Man wird versuchen andere rechte Strömungen und Parteien dadurch abzufangen, dass man selbst ein entsprechendes Angebot aufbaut, welches jenes Potenzial integrieren soll, das die traditionelle bürgerliche Rechte Richtung anderer Optionen zu verlassen bereit ist.

Also ähnlich, wie die SED/PDS/Linke dazu auserkoren ist, die von der SPD abgewanderten Wähler zwischen 25% und 40% als “linker Flügel” der Sozialdemokratie aufzusammeln, so wird man diese Strategie auch im Falle der neuen Rechten versuchen.

In diesem Zusammenhang nachstehend ein Artikel des Zionisten Michael Wolffsohn aus der Mainstream-Presse “Welt-Online”, der weitere Aufschlüsse aus bürgerlicher Perspektive vermittelt:

Koch und Merz werden Spaltung der Union einleiten

Michael Wolffsohn sagt der CDU die Spaltung in Freisinnige und Altkonservative voraus. Die FDP werde verschwinden.

- von Michael Wolffsohn - (Welt.de – 28.08.2010) – Die Union wird sich spalten. Das Wann ist offen, nicht das Ob. Der Riss wird quer durch die CDU und CSU gehen. Entstehen wird je eine freisinnig konservativ-liberale (oder liberal-konservative) sowie eine wirtschaftsliberal-altkonservative Partei.

Anders als oft behauptet hat diese Entwicklung kaum persönliche, sondern handfeste lebensinhaltliche und lebensperspektivische Ursachen. Weder Angela Merkel noch Ursula von der Leyen haben also “Schuld”. Wer glaubt, die CDU werde ohne Merkel wieder an alte 40-plus-Zeiten anknüpfen können, irrt gründlich.

Der moderne freisinnige Konservativismus

Grund, nein, tiefer liegend: Ursache jener Entwicklung ist die Tatsache, dass sich in der bundesdeutschen Gesellschaft ein freisinniger, unverkrampfter, entspannter, individualistischer, alles andere als reaktionärer oder gar militaristischer Konservativismus herausgebildet hat. Ohne Berührungsängste und ohne das übliche Gejammer über das längst untergegangene Abendland. Es ist ein pragmatischer, freisinniger, überwiegend großstädtischer Konservativismus.

Er ist insofern “sozialdemokratisch”, als er den Staat als Akteur nicht kategorisch ausschließt. Mehr als nur grüne Tupfer wird diese Partei auftragen, sowohl ökologisch und energie- beziehungsweise atompolitisch als auch integrationspolitisch. Der freisinnige deutsche Konservativismus ist sowohl deutsch als auch europäisch und zugleich weltbürgerlich.

Ob das eine Merkel- oder Von-der-Leyen-Partei wird, ist unwichtig. Die gesellschaftliche Strömung ist vorhanden. Und wenn wir (irgend etwas) aus der Geschichte lernen, so dies: Wo und wenn gesellschaftliche Strömungen sich nicht im Parteienspektrum wiederfinden, gibt es Partei-Neu- oder Umgründungen.

Wirtschaftsliberale und Wertkonservative auf der anderen Seite

Die Liberal-Konservative Partei wird, siehe Name, vor allem wertkonservativ und wirtschaftsliberal sein und zunächst zuletzt die ins Nichtwählerlager abgewanderten Unionswähler anpeilen.

Sie orientiert sich an der traditionellen Rolle der Frau in der Gesellschaft, der Familie, will weniger, besser: kaum staatliche Aktivitäten in der Wirtschaft und überlässt auch Grünes eher dem Markt als der intervenierenden Steuerung. Die Aufrechterhaltung (der längst nicht mehr bestehenden) allgemeinen Wehrpflicht wird sie auf ihr Panier heben. Auch “strammeren” sicherheitspolitischen Aktivismus, keinen Zack-zack-Militarismus. In Maßen fördernd, doch erheblich mehr fordernd wird diese Partei in der Ausländerpolitik auftreten.

Das bedeutet: Das “Sarrazin-Segment” der deutschen Gesellschaft dürfte dieser Partei zuneigen.

Manche werden den Nazi-NPD-DVU-Hammer schwingen, doch damit nicht den Nagel auf den Kopf treffen, denn viele Fragen und Antworten, die Ausländerintegration betreffend, verunsichern die meisten Bürger. Nicht nur bei uns. Man schaue auf Belgien oder die Niederlande, wo Geert Wilders an den Toren der Macht steht.

Merkel und von der Leyen gegen Koch, Merz und Sarrazin

Strukturen sind (ge)wichtiger als Personen, aber diese interessieren mehr. Sei’s drum: Um Merkel und von der Leyen scharen sich die Freisinnigen. Kern der Altkonservativ-Wirtschaftsliberalen werden Koch, Merz und eventuell Sarrazin (gar Wolfgang Clement?).

Sie werden die Spaltung einleiten, auch wenn sie es (noch?) nicht wollen. Größere CSU-Gruppen werden kommen, die CSU-Minderheit (zu Guttenberg?) den Freisinn verstärken, der CSU-Großteil das deutlich verkleinerte CSU-Schiff auf Bayerns Gewässern steuern.

Der Wirtschaftsflügel der FDP wird dazustoßen, die FDP-”Bürgerrechtler” sich verteilen und zu Grünen, SPD und Freisinnigen abwandern. Die FDP wird von der Landkarte verschwinden.

Kern künftiger Vielparteien-Koalitionen der Berliner Republik werden Freisinnige, Grüne und SPD, wobei SPD und Grüne auch mit der Linken koalieren werden. Das wird dann Koalitionen von Freisinn und Liberal-Konservativen herbeiführen.

Diese Zukunft hat schon begonnen. Vorhersagen müssen sein, auch wenn sie nicht gefallen. Der Wetterbericht ist am schlechten Wetter schuldlos.

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