BGH stellt klar: Internet-Abo-Fallen sind als Betrug strafbar

Auf Irreführung hin gestaltete Internetseiten sind eine Täuschung im Sinne des Betruges

- von Presseticker  -

D er Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat am 05. März ein Urteil gesprochen, das einen Meilenstein in Sachen Verbraucherschutz im Internet setzt: Anders als bei seiner wenig bürgerfreundlichen Rechtsprechung zur Störerhaftung stärkt das oberste Gericht in Zivil- und Strafsachen diesmal den Verbraucherschutz, indem es deutlich macht, dass Internet-Abo-Fallen als (ggf. versuchter) Betrug strafbar sind.

Der BGH hat ein Urteil des Landgerichts Frankfurt/Main bestätigt, das den Angeklagten wegen versuchten Betruges zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt hatte. Der Angeklagte betrieb verschiedene Internetseiten, unter anderem einen “Routenplaner”.
Bevor man den nutzen konnte, musste man sich mit Vor- und Zunamen, Anschrift, eMail-Adresse und Geburtsdatum anmelden.

Internet - Technologie des 21. Jahrhunderts

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Aufgrund der vom Angeklagten gezielt vorgenommenen Gestaltung der Seite war für flüchtige Leser nur schwer erkennbar, dass es sich um ein kostenpflichtiges Angebot handelte; weit unten am Seitenrand fand sich am Ende eines mehrzeiligen Textes ein klitzekleiner Hinweis darauf, dass beim Klick auf “Route berechnen” ein kostenpflichtiges Abonnement abgeschlossen wurde.

Zum stolzen Preis von 59,95 Euro durfte der Routenplaner für drei Monate genutzt werden – also eine Leistung, die es z.B. bei Google und Bing auch ohne Gegenleistung gibt.

Nach Ablauf der Frist für den Widerruf bekamen die vermeintlichen “Kunden” erst eine Rechnung. Wer nicht zahlte, lernte den Anbieter richtig kennen: Dann wurden Zahlungserinnerungen verschickt; einige Nutzer erhielten zudem Post von Rechtsanwälten, in denen ihnen mit einem Eintrag bei der SCHUFA gedroht wurde.

Der BGH hat nun in Anlehnung an frühere Rechtsprechung zu scheinbaren “Rechnungen”, die überhaupt erst zu einem Vertragsschluss führen sollten, klar gemacht, dass derart auf Irreführung hin gestaltete Internetseiten eine Täuschung im Sinne des Betruges sein können.
Wer die Kostenpflichtigkeit seiner Leistung gezielt verschleiert, erfüllt den Tatbestand des § 263 StGB.

Dass man bei sehr sorgfältiger Lektüre die Täuschung hätte erkennen können, so der BGH, schliesst die Strafbarkeit nicht aus: Es sei dem Angeklagten schliesslich genau darum gegangen, die Unaufmerksamkeit oder Unerfahrenheit mancher Besucher auszunutzen.

Mit der Entscheidung setzt der BGH einen Schlusspunkt in der Diskussion, ob Abo-Fallen überhaupt strafbar sein können. Bis vor kurzem waren Staatsanwaltschaften meist wenig geneigt, bei solchen Fällen Anklage zu erheben und auch das Frankfurter Landgericht musste erst vom Oberlandesgericht dazu verpflichtet werden, den Fall überhaupt zu verhandeln.

Die konkrete Fallgruppe der Abo-Fallen hat zwar in letzter Zeit wegen einer Änderung des BGB an Bedeutung verloren – seither müssen Bestell-Buttons ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Bestellung kostenpflichtig ist.
Umso bedeutsamer ist hingegen der (versuchte) Betrug durch Abmahnung: Auch hier werden die Empfänger in strafrechtlich relevanter Weise getäuscht, wenn ein tatsächlich nicht rechtswidriges Verhalten – etwa das Ansehen von Videos von legalen Streaming-Seiten – abgemahnt wird und auf eine solche missbräuchliche Abmahnung eine Gebührenforderung gestützt wird.

RF/netzpolitik.org

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